43. Europa und die französische Mode
Zwischen 1750 und 1758 unternimmt die aus der Normandie stammende Schriftstellerin, Übersetzerin und Salonnière Anne-Marie Fiquet du Boccage (1710-1802)xlviii Reisen nach England, Holland und Italien. Ihre Reisebriefe veröffentlicht sie nach ihrer Rückkehr aus Italien. Es handelt sich hierbei um eines der wenigen Dokumente dieses Genres, das von einer Frau verfasst wurde. Sie beschreibt darin die gesellschaftlichen Netzwerke Europas und deren Gepflogenheiten.
Ihre morgendliche Kleidung [der Engländerinnen] hebt die Schönheit besser hervor als ihre Kleidung à la française, die für abendliche Versammlungen, den Hof und für Theaterbesuche vorgesehen ist. Ich weiß nicht, warum ganz Europa so gütig ist, unsere Moden zu übernehmen, mit denen man, selbst in unseren Provinzen, nur Scherereien hat; im Ausland kommt sie noch später an und niemals so, wie man sie in Paris getragen hat. Jedes Land hat seine Sprache, seine Sitten und seine Ideen und sollte seine Art haben, sich zu kleiden, die immer angemessener ist als eine geliehene Kleidung. Aber man begegnet hier zahlreichen Menschen, deren Pracht, Art und Verdienst von internationaler Herkunft zeugt.
Im Großen und Ganzen sind die Engländer, so groß ihr Luxus auch sein mag, noch 100 Jahre hinter unserem, den sie imitieren und der ganz Europa ins Verderben stürzt.
Marie-Anne du Boccage, Briefe über England, Holland und Italien (1771).
Rechtefreier Originaltext (Edition von 1770) unter: http://gallica.bnf.fr/ark:/12148/bpt6k107281v
Rechtefreie Audioversion des Originaltextes unter: http://gallica.bnf.fr/ark:/12148/bpt6k107281v/f2.vocal