Nach Condorcet (1743-1749) hat derjenige, der ein richtiger Philosoph ist, ein essentielles Ziel: das Los aller Menschen über Nationalität, Religion oder Rasse hinaus zu verbessern. Ein Beispiel hierfür liegt in ihrem Engagement gegen die Sklaverei.
Die Philosophen verschiedener Nationen, die in ihren Überlegungen die Interessen der gesamten Menschlichkeit umfassen, ohne zwischen den einzelnen Ländern zu unterscheiden, bildeten trotz der Differenz ihrer spekulativen Meinungen eine Gruppe, die stark vereint war gegen alle Fehler, gegen jede Art der Tyrannei. Angetrieben durch das Gefühl einer universellen Philanthropie bekämpften sie die Ungerechtigkeit, die, ihrer Heimat fremd, sie nicht erreichen konnte; sie bekämpften sie noch, als ihre Heimat selbst sich dieser Ungerechtigkeit anderen Völkern gegenüber schuldig machte; sie erhoben sich in Europa gegen die Verbrechen, deren Gier die Küsten Amerikas, Afrikas oder Asiens beschmutzte. Die Philosophen Englands und Frankreichs rühmten sich damit, den Namen zu missbrauchen, die Aufgaben der schwarzen Freunde zu erfüllen, deren dummen Tyrannen zu hochmütig waren, sie zum Menschengeschlecht dazuzuzählen. Die Lobreden der französischen Schriftsteller waren der Preis für die von Russland und Schweden bewilligte Toleranz, während Beccaria in Italien die barbarischen Maximen der französischen Rechtsprechung widerlegte.
Marie-Jean-Antoine-Nicolas de Caritat, Marquis de Condorcet, Skizze einer historischen Abhandlung über den Fortschritt des Menschen (1794).
Rechtefreier Originaltext (Edition von 1822) unter: https://books.google.de/books?id=hRIPAAAAQAAJ &printsec=frontcover