The Passion of Max von Oppenheim
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Appendix

Originals of passages translated in the text and translations of passages given in the original.

p. xxvi et passim

Oppenheim’s letter to Herzfeld:

Bayern, Landshut, den 21. Juni 1946, Altstadt

Mein lieber Prof. Herzfeld!

Soeben habe ich von Frau Prof. Sarre in Ascona Ihre Adresse erhalten. Schon seit langer, langer Zeit wollte ich Ihnen schreiben und den Versuch machen, mich mit Ihnen in Verbindung zu setzen, doch hatte ich mit allen anderen Adressen von Freunden auch die Ihrige in Dresden verloren, wo Ich zum zweiten Male total ausgebombt wurde. Zu meiner Freude hörte, ich von Frau Sarre, dass es Ihnen, Ihrer Schwester und Ihrem Neffen gut ginge, und dass Sie daran dächten, nächstens wieder einmal nach dem Orient zu fahren.

Mir ist es inzwischen schlecht gegangen. Während dieser scheusslichen Nazizeit hatte ich sehr viel mit allen möglichen Schwierigkeiten und Widrigkeiten zu kämpfen. Mit der grössten Mühe ist es mir möglich geworden, mich durchzulavieren und meine Arbeiten fortzusetzen, sowie die Stiftung weiter bestehen zu lassen. Zu den grössten Unanhehmlichkeiten gehörte, dass Ich den Kontakt, mit Ihnen, mein lieber Prof. Herzfeld, verloren habe. Ich habe wirklich sehr darunter gelitten. Gehörte doch der Gedankenaustausch mit Ihnen zu dem Schönsten, was ich in den letzten Jahrzehnten hatte. Sie wissen gar nicht, wie oft ich an Sie gedacht habe und wie aufrichtig und herzlich ich Ihnen dankbar geblieben bin für die viele Hilfe und die vielen Anregungen, die Sie mir haben zuteil werden lassen. Ich habe Sie stets als einen meiner Lehrmeister betrachtet. Sie haben mich immer wieder ermutigt, und Sie haben meinen Tell Halaf stets unterstützt. Das Beste, was über diesen geschrieben worden ist, stammt aus Ihrer Feder und ist in Ihren Archäologischen Mitteilungen aus Iran niedergelegt. Es ist tragisch, dass wir, die wir so gute Freunde waren und so lange gemeinsam miteinander gearbeitet haben, dieser Art plötzlich auseinander gekommen sind. Auch hieran ist dieses Scheusal von Hitler und dieser scheussliche Nazismus Schuld gewesen. Diesem Obermistvieh verdanken wir ja auch den schrecklichen Krieg, der Deutschland ruinieren musste.

Seien Sie nun bitte so gut, mein lieber Herzfeld, und schreiben Sie mir gleich ein paar Zeilen. Ich wäre glücklich, von Ihnen wieder eine persönliche Nachricht zu erhalten und zu wissen, dass der Kontakt zwischen uns wieder hergestellt ist. Sie können versichert sein, dass ich durch den Abbruch der Beziehungen, wie man diplomatisch sagen würde, den Sie vorgenommen haben, unendlich gelitten habe und dauernd tief traurig hierüber war.

Ich hoffe, von Ihnen zu hören, dass es Ihnen während der ganzen Zeit, seitdem wir uns nicht mehr gesehen haben, persönlich gut gegangen ist. Es sind das ja ungezählte Jahre.

Ferner, schreiben Sie mir bitte, wie es Ihrer Frau Schwester geht und was Ihr Neffe tut. Ist er auch Gelehrter geworden und Archäologe, für den Orient interessiert, wie Sie? Ich hörte einmal, dass Sie auch in New York doziert hätten, aber weiter in Princeton geblieben wären; stimmt dieses?

Mit Dankbarkeit denke ich an sehr nette Tage, die ich in Princeton verbrachte, als ich, von der Universität eingeladen, dort einen Vortag über den Tell Halaf hielt. Ich erinnere mich leider des Namens des liebenswürdigen Professors nicht mehr, bei dem ich damals dort zu Gast war. Die Herren der Princeton-Universität waren deshalb noch besonders interessant für mich, weil diese ebenfalls in der ALAH, der Städtewüste im Osten der Strasse von Hamah nach Aleppo, Forschungsreisen gemacht haben.

Schreiben Sie mir bitte, was Sie seitdem publiziert haben. Frau Sarre teilte mir nur mit, dass ein neuer Band von Ihnen über Samarra erschienen sei. Handelt dieser auch über die prähistorischen Funde oder was? Dann aber schrieb sie mir, dass Sie auch noch Weiteres publiziert hätten.

Aus Berlin haben Sie ja wohl alle Ihre Sachen nach Amerika gebracht, Ihre schöne Sammlungen und Ihre Bücher? Ich nehme an, auch die amusanten Regale aus meinen Muscherabijen von Cairo. Ihren Gedanken, wieder einmal nach dem Orient zu gehen, finde ich grossartig. Ich hoffe aber, dass Sie dann auch über Deutschland fahren werden und mich hier in Landshut besuchen—wenn ich dann noch am Leben bin. Denn am 15. Juli werde ich 86 Jahre alt. Wie gerne würde ich nach Damaskus übersiedeln, um dort weiterzuarbeiten und meine Tage zu beschliessen, nicht weit von meinen Beduinen und vom Tell Halaf. Die Weissagung, dass meine Knochen in der Wüste bleichen würden, wird aber sicher nicht erfüllt werden.

Was mich angeht, habe ich durch den letzten scheusslichen Krieg alles verloren. Zunächst wurde im August 1943 die Stiftungswohnung am Savigny-Platz 6 ausgebombt. Es war ein Glück, dass ich mit dem Leben davon kam. Unmittelbar daraufging das Tell Halaf-Museum, durch eine Bombe getroffen, in Flammen auf. Ich war inzwischen mit meinem alten treuen Diener-Pfleger Sommer, den Sie ja kennen, nach Dresden, Hotel Bellevue, übergesiedelt. Meine ganze Bibliothek von etwa 42.000 Bänden ist verbrannt. Einen Teil hatte ich mit vielen anderen schönen Sachen der Stiftung nach einem Schloss in der Mark verlegt. Dieses wurde verbrannt und ausgeplündert. Von den orientalischen Realiensammlungen der Stiftung hatte ich weitere wertvolle Gegenstände in die Kellerräume der Museen und in ein anderes Schloss in Mecklenburg geborgen. Dem letzteren ist es ebenso gegangen wie dem erstgenannten. Auch den Sachen im Museum ist vieles widerfahren. Im ganzen sind etwa 8–900 Bände gerettet und einiges wenige von der Sammlung. Das schöne arabische Zimmer aus Damaskus ist natürlich auch verbrannt. Die Tell-Halaf-Original-Steinbilder sind geplatzt aber nicht ganz zerstört. Die Stücke wurden sorgfältig gesammelt und in sich geordnet in die tiefen Keller unter dem Pergamon-Museum verstaut, um, so Gott will, später wieder einmal zusammengesetzt zu werden. Im Grunde haben wir dies ja mit vielen Tell Halaf-Skulpturen, die von dem bösen Tiglatpilesar I, durch die Anzündung des Tempelpalastes des Tell Halaf zum platzen gebracht worden waren, bereits schon einmal ca. 3000 Jahre später, 1930, getan.

Die meisten kleinen Orthostaten wurden vorher schon nach den staatlichen Museen gebracht und bleiben, wie ich hoffe, dort in Sicherheit.

In Dresden wurde ich dan in der Schreckensnacht vom 13./14. Februar 1945 ein zweites Mal ausgebombt und habe dabei alles verloren, was ich dort an Büchern usw. wieder zusammenbringen konnte. Aber auch dieses Mal kam ich mit Sommer lebendig davon. Ich zog zunächst nach einem Vorort von Dresden und von dort, als die Russen näher kamen, zu meiner Schwester, Gräfin Pocci, nach Ammerland in Oberbayern. Dort verblieb ich 5/4 Jahre. Als dann dem zu schön am Starnbergersee gelegenen Pocci-Schloss die Beschlagnahme und damit notgedrungen auch mir die Ausweisung aus dem Hause drohte, siedelte ich hierher nach Landshut über, wo ich durch Zufall ein sehr nettes Quartier gefunden habe und wo ich wohl meine Tage beenden werde. Trotz aller Schwierigkeiten habe ich meinem Grundsatz treu stets “Kopf hoch, Mut hoch und Humor hoch” gehalten und immer weiter gearbeitet. Es ist mir, allerdings mit grossen Schwierigkeiten gelungen, bereits zwei Bände des Beduinen-Buches und den ersten dicken Band des grossen wissenschaftlichen Tell Halaf-Werkes zur Publikation zu bringen, die ersten beiden bei Harrassowitz, das letzere bei de Gruyter erschienen. Der 3. Band des Beduinen-Buches steht vor der Vollendung. Zu dem 1. Band des Tell Halaf-Werkes ist ein Ergänzungsband über die prähistorischen Funde bereits fertiggestellt. Er lagert seit langem bei Prof. Ernst Weidner in Graz. Das Werk war von der deutschen Forschungs-Gemeinschaft finanziert worden, da ich ja mein ganzes Vermögen eingebüsst hatte. Leider habe ich seit 1 ½ Jahren jedoch nichts mehr von Weidner gehört. Hoffentlich ist dem ausgezeichneten Mann und meinem Manuskript nicht Böses widerfahren. Der Durchschlag desselben und alle weiteren Unterlagen sind verbrannt. In dem 1. Band des Tell Halaf-Werkes wurde mit längeren einleitenden Bemerkungen zu dem Gesamtwerke auch das Manuskript mit der systematischen Behandlung der prähistorischen Funde von Hubert Schmidt abgedruckt.

Der 2. Band mit den architektonischen Ergebnissen durch Langenegger liegt bereits in Fahnen vor, ist aber noch nicht ausgedruckt. An dem dritten, wichtigsten Band über die Skulpturen des Tell Halaf und des Djebelet el Beda und über die Kunst der Subaräer wird jetzt von mir gearbeitet. Ich bin fast am Ende und hoffe ich, diesen Band bald abschliessen zu können. Ich habe mich weiter ganz hierbei auf den von Ihnen in den AMI VI vertretenen Standpunkt gestellt.

Ferner ist von mir ein grösseres Buch über die Geschichte der Mitannier geschrieben worden, deren Hauptstadt Wassukani, wie ich glaube, in Fecherija neben dem Tell Halaf im Chabur-Quellgebiet begraben liegt. Die Fahnen sind bereits gedruckt, aber das Werk ist noch nicht publiziert. Die Drucklagen existieren nicht mehr, gottlob aber noch die Fahnen.

Schliesslich ist eine grosse Karte lediglich auf Grund meiner eigenen Forschungsreisen in Obermesopotamien im Massstabe von 1:500,000 bereits gestochen und Begleitworte dafür sind schon gedruckt, wir wissen aber noch nicht, ob dieses Material gerettet ist.

Sie sehen, mein lieber Prof. Herzfeld, dass ich wohl sehr fleissig gearbeitet habe, dass ich aber sehr grosse Sorgen hatte und noch habe. Ich leide jetzt besonders durch den Mangel an Büchern. Meine Arbeit an dem Skulpturen-Band ist sehr interessant, macht mir aber deshalb grosse Schwierigkeiten, weil ich eben ohne andere Bücher bin. Ich jammere geradezu nach einzelnen Sachen, so insbesondere nach A. Moortgat “Die Kunst des Alten Orients und die Bergvölker”, dessen Standpunkt ich in erster Linie bekämpfen muss. Was kann ich wohl tun, um mir Bücher zu verschaffen? Von der Stiftungs-Bibliothek sind, wie gesagt, nur 8–900 Bücher gerettet, nicht mehr. Die Stiftung muss aber wie ein Phönix aus der Asche erstehen. Ich will nichts unversucht lassen, um die Bibliothek wieder aufzurichten. Glücklich wäre ich, wenn ich mich mit irgend einem amerkanischen Institut, einem Museum z.B., in Verbindung setzen könnte, damit dieses gemeinsam mit der Stiftung den Tell Halaf und Fecherija Wassukani ausgraben würde.

Seien Sie bitte so gut, mir zu schreiben, was Sie inzwischen, abgesehen von Ihrem neuen Band über Samarra, publiziert haben. Bitte schreiben Sie mir auch, was etwa von anderen über Angelegenheiten publiziert worden ist, die mit den mich so interessierenden Problemen der Tell Halaf-Steinbilder und ihres Alters zusammenhängen. Ich möchte mir dieses so furchtbar gern beschaffen.

Dann möchte ich noch fragen, ob etwas über die Ausgrabungen des Dr. Mc Ewan, der während des Krieges in Fecherija beim Tell Halaf eine Zeitlang gegraben hat, publiziert worden ist und wie ich mir dieses verschaffen könnte. Ich hörte einmal, dass er vor einiger Zeit in Cairo gestorben sei. Stimmt dieses?

Lebt und wirkt eigentlich Prof. Pöbel noch am Oriental Institute und Henry Field am Field-Museum, beide in Chicago, sowie Götze in Yale und Albright und Levy in Baltimore?

Doch lassen Sie mich diesen schon viel zu langen Brief beenden. Erfreuen Sie mich bitte recht, recht bald durch gute Nachrichten hierher nach Landshut. Wie glücklich wäre ich, von Ihnen zu hören, dass Sie mir wieder gut sind und dass Sie bald hierher kommen werden, um mit mir ehedem Gedanken austauschen zu können.

Mit den herzlichsten Grüssen und innigen Wünschen für Sie, Ihre Frau Schwester und Ihren Neffen

Ihr alter treuer

Signature (Max Oppenheim)

P.S. Sobald die Möglichkeit vorhanden ist, würde ich Ihnen gerne alles, was ich seit Ihrer Abreise veröffentlicht habe, zusenden. Ich habe noch eine Frage: Von welchem Ruinenhügel stammt die vorhistorische Kalkstein-Skulptur, die, wie mir seinerzeit Direktor Breasted mitteilte, von einem Ruinenhügel aus dem Norden des Sindjar mitgebracht wurde. Sie ist im Museum des Oriental Institute ausgestellt und Breasted hatte mir davon Fotos mit der Erlaubnis zur Publikation übergeben. Haben Sie über diese bereits irgendwo etwas geschrieben und was?

p. 9, ch. 1, note 6

Philipp von Eulenburg: “From the Union Club’s point of view, anyone who owns racehorses is a ‘perfect gentleman.’ In addition, very wealthy Jews (like the Oppenheims) are in a position to supply cash on tick. That constitutes more or less the moral foundation of the Club, which sets the tone in ‘social’ matters and matters of ‘honour’ and in all questions concerning what is proper and what is ‘not done.’”

p. 16, ch. 2, note 5

Teichmann: “Hat Max von Oppenheim im Orient auch–sicher nicht ausschliesslich—eine helle Welt voll Harmonie und Schönheit gesucht? Die Gesellschaft in der Heimat jedenfalls befand sich in einem geschichtlich beispiellosen Umbruch hervorgerufen durch die industrielle Revolution: Massenwanderung von Arbeitskräften, Traditionsverlust, technischer Fortschritt, der zugleich Bewunderung und Angst auslöste, zerbröckelnde religiöse Bindungen, Herausforderung der alten Eliten durch politische Parteien und Gewerkschaften—kurzum ein Zeitgeist der Aufbruchsstimmung und Unruhe. Im Orient konnte sich Oppenheim dagegen […] in einer Welt wähnen, die archaischen Mustern folgte, in der die Geschichte quasi stehen geblieben zu sein schien…”

p. 18, ch. 2, note 7

Hartmann: “Erschütternd naiv ist der Anfang: ‘In older time (wie alt denn? 1000 oder 3000 Jahre?), the Arabian desert (ist mir unbekannt, abgesehen von der Nufud…!) was the roaming-ground of independent (?wirklich? mit der ‘Unabhängigkeit’ sah es meist faul aus) Beduin tribes with free and healthy minds, etc.!!!’ Diese dreckigen, verseuchten Schufte hatten freien und gesunden Sinn!! d.h. verkauften sich Jedem um ein paar Pfennige und waren so ‘gesund’, dass sie sich gegenseitig auf Jeden, der ihnen vorkam, auffrassen, wenn sie konnten! Diese Naivität, die von unseren weltfremden Stuben-Arabisten gezüchtet wurde, sollte man doch bei einem ernsthaften Mann heute nicht mehr finden.”

p. 21

Oppenheim: “Dabei wird keineswegs nur auf die Abstammung von Vaters Seite Wert gelegt, sondern auch auf die von Seiten der Mutter, und zwar kommt es nicht nur auf die rassische Reinheit an, sondern es wird auch auf die Herkunft aus einem Edelgeschlecht gesehen. Unter der Herkunft der Mutter aus einem ungeachteten Stamm, oder gar von einer Schwarzen, haben selbst die grössten Recken der altarabischen Zeit […] zu leiden gehabt. Auch heute noch hat der Beduine reinen Blutes aşīl kein Konnubium mit Angehörigen von Stammen, die als nicht reinblütig oder unedlen Blutes gelten.”

p. 21, ch. 2, note 14

Renan: “From the point of view of physiology, no essential difference between the Semitic race and the Indo-European race is discernible. The sovereign characteristic of beauty is theirs in common, and theirs alone. […] There is thus no reason, from a physiological perspective, to posit a distinction between Semites and Indo-Europeans of the same order as that which separates Caucasians, Mongols, and Negroes. […] It was only the study of languages, literatures, and religions, that was to lead here to setting up a distinction that could not be derived from the study of physical features. In the matter of intellectual tendencies and moral instincts, the difference between the two races is no doubt far sharper than it is in the matter of physical traits. Even in that respect, however, it is impossible not to place Semites and Aryans in the same category. Once the Semitic peoples had constituted themselves as a regulated society, they drew closer to the Indo-Europeans. Jews, Syrians, and Arabs participated in turn in the work of general human civilization, […] something that cannot be said of the Negro race, or of the Tartars, or even of the Chinese race […]; thus, regarded from the point of view of the intellect, they [Semites and Indo-Europeans] constituted a single family.”

p. 22

Ungnad: “Die rassereinen Semiten, wie wir sie noch unter den heutigen Beduinen der arabischen Wüste antreffen, unterscheiden sich körperlich nur wenig von den Indogermanen, denen auch wir angehören und die man heutzutage vielfach mit dem irreführenden Namen Arier kennzeichnet. Man stecke einmal einen solchen Wüstensohn in den Ölmantel eines hageren, wettergebräunten nordischen Seefischers und lege diesem die malerische Tracht des Beduinen an! Der Unkundige wird dann nur schwer erkennen, welches der Semit und welches der Europäer ist. Ebenso finden sich […] sprachlich auffallende Beziehungen zwischen der semitischen und indogermanischen Rasse: alles weist darauf hin, dass die Hypothesen, die Arabien oder gar Afrika als die Urheimat der Semiten betrachten wollen, haltlos sind. Vielmehr durften beide Völker in Zeiten, die weit von unseren ersten geschichtlichen Daten liegen, etwa in Südost- oder Zentral-Europa ein Volk mit einer Sprache gebildet haben.”

p. 23

Oppenheim: “Oft war ich monatenlang in Nordarabien, Syrien und Mesopotamien mit den Beduinen, den freien Söhnen der Wüste, in ihren Zelten zusammen. Ich kannte ihre Seele, ihre Sprache und ihre Sitten genau. Die Leute waren mir lieb geworden, und man empfing mich überall mit offenen Armen.”

pp. 2931

Oppenheim: “1892 wurde es mir möglich, meine Forschungstätigkeit im Orient in grösserem Massstab zu beginnen. Mit dem Ethnographen Wilhelm Joest, einem Kölner Landsmann, reiste ich von Marokko quer durch Nordafrika. Darauf hielt ich mich sieben Monate in Kairo auf, wo ich im Eingeborenenviertel in einem arabischen Hause wohnte. Hier lebte ich ganz wie die einheimischen Mohammedaner, um mich in der arabischen Sprache weiterzubilden und den Geist des Islams sowie Sitten und Gebräuche der Eingeborenen eingehend zu studieren. Ich wollte mich dadurch zu weiteren Expeditionen vorbereiten, die mich in den Osten der arabischen Welt bringen sollten.

“Im Früjahr 1893 führte mich mein Weg nach Damaskus. Von hier trat ich meine erste grosse Forschungsreise in Vorderasien an, die in dem zweibändigen Buche ‘Vom Mittelmeer zum Persischen Golf durch den Haurān und die Syrische Wüste’ behandelt ist.

“Für die Beduinenangelegenheiten stand mir während der Expedition ein guter Berater zur Seite, nämlich Manşūr Naşr, ein Neffe des Schech Midjwel el Meşrab […], des Gatten der schönen englischen Lady Digby, die durch ihre seltsamen Geschicke bekannt geworden ist. Sie hatte sich nach einem abenteuerlichen Leben an verschiedenen Höfen Europas schliesslich auf einer Reise von Damaskus nach Palmyra im Jahre 1853 in Schech Midjwel, den Führer ihrer beduinischen Eskorte, verliebt und ihn geehelicht. Diesem blieb sie im Gegensatz zu ihren früheren europäischen Gatten und Freunden treu. Alljährlich teilte sie mit ihm sechs Monate lang das Leben in der Wüste, bis sie in ihrem Hause in Damaskus im August 1881 starb.

“Schon auf dieser Reise des Jahres 1893 konnte ich reiches Material über die Beduinen sammeln. […] Während dieser Expedition erwachte in mir die Liebe zu dem wilden, ungebundenen Leben der Wüstensöhne. […]

“Schon in Kairo hatte ich mich daran gewöhnt, wie es noch zu jener Zeit bei der dortigen besseren Mittelklasse üblich war, nicht mit Messer und Gabel, sondern mit den Fingern zu essen—wobei nur die rechte Hand gebraucht werden durfte. Auf der Expedition 1892 ass ich selbstverständlich mit den Beduinen ebenso, ganz gleich, ob ich deren Gast oder Gastgeber war. Im ständigen Zusammenleben mit ihnen im Sattel und im Zelt lernte ich immer besser ihre Gewohnheiten kennen. Sie fühlten, dass ich ihnen wohlwollte, dass ich Verständnis für ihre Eigentümlichkeiten und Sitten hatte. So waren auch sie mir wohlgesinnt und gaben mir bereitwillig auf meine Fragen Antwort. […]

“Meine Rückreise aus Mesopotamien führte mich über den Persischen Golf und Indien nach unserer damals jungen, schönen Kolonie Ostafrika, wo ich anlässlich einer Expedition in das Innere ein umfangreiches Landgebiet in Usambara erwarb, auf dem später durch einen Freundeskreis Plantagen angelegt wurden.*

“Von dort kehrte ich nach Kairo zurück. Hier traf ich Anfang 1894 mit Zuber Pascha zusammen, der sich im ägyptischen Sudan durch Sklavenjagden ein grosses Fürstentum gegründet hatte. Da er aber zu stark zu werden begann, hatte ihn der Khedive Ismail nach Kairo gelockt, wo er in einem schönen Palast wie in einem goldenen Gefängnis zurückgehalten wurde. Von Zuber Pascha erhielt ich ausserordentlich interessante Mitteilungen über einen seiner ehemaligen Unterfeldherren, Rabeh. Dieser hatte vor den Ägyptern nicht kapitulieren wollen und war mit einer grossen Anzahl seiner früheren Soldaten und deren Familien vom Nil aus westwärts gewandert.

“In Deutschland berichtete ich hierüber, ebenso über weitere Erkundigungen, die ich in Kairo über das Tschadseegebiet sowie über den nicht nur religiös, sondern auch politisch bedeutungsvollen mohammedanischen Orden der Senussi usw. eingezogen hatte. Dies wurde der Anlass, dass das Auswärtige Amt mir anbot, im Wettbewerb mit Frankreich und England, an der Spitze einer deutschen Expedition nach dem Hinterlande von Kamerun aufzubrechen, um die Gebiete bis zum Tschadsee für Deutschland zu erwerben. […]

“Aber unsere Expedition konnte nicht ausgeführt werden. In dem Wettkampf zwischen Frankreich, England und Deutschland war jener Rabeh den europäischen Mächten zuvorgekommen. Wie ein schwarzer Napoleon hatte er im Siegesmarsch vom ägyptischen Sudan aus alle Länder südlich von Wadai und dann die grossen Reiche von Baghirmi und Bornu erobert. Seine Herrschaft war jedoch nur von kurzer Dauer. Er fiel in einer Schlacht gegen die Franzosen. Das von ihm gegründete Reich ging in Trümmer. Bei der Aufteilung seiner Gebiete durch die europäischen Kolonialmächte wurde meine schon marschbereite Expedition mit in die Wagschale geworfen. Damals erhielt Deutschland den sog. “Caprivi-Zipfel” unserer Kamerun-Kolonie, nämlich grosse Teile von Baghirmi und Bornu und damit den Zugang zum Tschadsee.

“Von nun an blieb ich im Dienste des Auswärtigen Amtes. Ich wurde unserer diplomatischen Vertretung in Kairo zugeteilt, von wo aus ich alle Angelegenheiten der islamischen Welt zu beobachten hatte.

“Kein Platz konnte sich hierfür besser eignen. Die ägyptische Presse, arabisch in der Sprache des Koran geschrieben, war fur die ganze islamische Welt vom Atlantischen Ozean bis China von ausschlaggebender Bedeutung. In der Türkei duldete der unumschränkt herrschende Sultan `Abd ul Hamid keine freie Meinungsäusserung der Zeitungen. Kairo dagegen war der Sitz aller mohammedanischen politischen Flüchtlinge, besonders auch der aus dem Osmanischen Reiche.

“Auch zum Sultan `Abd ul Hamid gewann ich die besten Beziehungen. […]

“Sultan `Abd ul Hamid hatte mich aufgefordert, stets bei ihm vorzusprechen, wenn ich Konstantinopel besuchte, was ich auch regelmässig tat.

p. 33

Herbert von Bismarck: “Ich bin einmal dagegen, weil Juden, selbst wenn sie Begabung haben, doch immer taktlos und aufdringlich werden, sobald sie in bevorzugte Stellungen kommen. Ferner ist der Name als gar zu semitisch bekannt und fordert Spott und Gelächter heraus. Ausserdem würden die übrigen Mitglieder unseres diplomatischen Korps, auf dessen ausgesuchte Beschaffenheit ich stets grosse Mühe verwende, es peinlich empfinden, wenn man ihnen einen Judenbengel bloss deshalb zugesellt, weil sein Vater Geld zusammengejobbert hat.”

pp. 33-34

Holstein: “Oppenheim hat zwei Eigenschaften, die bisher als disqualifying gelten. Vollblut-Semit (Halbbluts haben wir die Menge) und Mitglied einer Bankiersfamilie. Von Leuten dieser Kategorie liegen zahlreiche Anträge vor; man kann sie nur ablehnen wenn man sich auf ein Prinzip stützt. Macht man eine Ausnahme, so hat man Ärger.”

p. 34, ch. 3, note 2

Holstein: “Ich bin fest übezeugt, dass es sich hier nicht bloss um einen Semiten handelt, sondern dass durch die von ihm gemachte Bresche alsbald mehere von seinesgleichen nachdrängen werden. Jetzt ist die Gesellschaft resigniert, da sie weisst, dass keine Semiten überhaupt genommen werden—ich meine keine Vollblut-Juden. Ist aber einer mal reingekommen, so wird ein Zetergeschrei entstehen, wenn man andere ablehnt.”

p. 35, ch. 3, note 5

Hatzfeld: “Ich kenne den Baron Oppenheim schon seit einer Reihe von Jahren und habe seine Thätigket und Erfolge in der Erforschung des Islams—ein Fach, für welches er eine besondere Begabung zu besitzen scheint—stets mit Interesse verfolgt. Leider scheinen sich aber jetzt, wie ich höre, bezüglich der Art seiner Verwendung im auswärtigen Dienste gewisse Bedenken geltend gemacht zu haben… Soweit ich die Sachlage übersehe, knüpfen dieselben sich an die Abstammung des Barons Oppenheim, gegen welche gewisse Vorurtheile in einigen Kreisen bei uns gehegt werden, und es wird deshalb als wünschenswert bezeichnet, ihm nicht eine Anstellung im eigentlichen diplomatischen Dienst, sondern nur eine temporäre Attachierung bei einer orientalischen Mission anzubieten.”

p. 35, ch. 3, note 6

Döscher: “Die Mehrheit der deutschen Diplomaten war aristokratischer Herkunft, evangelischer Konfession, vermögend, militärisch aus- und juristisch vorgebildet. Gegen Ende der Wilhelminischen Ära gewannen auch—meist nobilitierte—Vertreter des vermögenden Grossbürgertums Zugang zum diplomatischen Dienst, während er jüdischen und sozialdemokratischen Bewerbern bis zum November 1918 verschlossen blieb. Konservatismus mit antiliberalen, antiparlamentarischen und antisemitischen Akzenten bestimmte die Grundeinstellung der meisten Diplomaten.”

p. 38

Oppenheim: “Meine Berichterstattung an das Auswärtige Amt […] war ausserordentlich vielseitig. Meine Aufgabe war von Cairo aus die Bewegungen der ganzen islamischen Welt zu beobachten. In erster Linie musste ich mich natürlich mit den eingeborenen Verhältnissen des Nillandes selbst beschäftigen und dann mich bemühen, Nachrichten über alle Strömungen und die Muhammedaner betreffenden Ereignisse der ganzen Welt zu erhalten.”

pp. 37-38, ch. 3, note 11

Holstein: “Wissen Sie etwas von einem Freiherrn von Oppenheim, Mitglied des Union-Klubs, welcher vor etwa zwei Jahren dem Generalkonsulat Kairo ‘als Orientalist’ ohne näher definierte amtliche Stellung beigegeben wurde? Er sollte die in der Welt des Islam angeblich herrschende Gährung beobachten, um Europa rechtzeitig zu warnen, wenn etwa ein Ausbruch bevorstände. Zu dem Behufe solle er Fühlung mit eingeborenen nehmen auch wohl Karawanen-Reisen mitmachen, um sich auf den grossen Märkten im Inneren über die in der Welt des Islam herrschende Stimmung zu orientieren. So war die Sache gedacht. Karawanenreisen hatder p. Oppenheim ungefähr soviele gemacht wie ich: dagegen hat er gelegentlich einen Bericht geschrieben über Unterhaltungen mit Eingeborenen, hat aber namentlich sich der Führung vornehmer deutscher Reisender gewidmet, ausserdem ein gastfreies Haus gemacht, kurz alles getan, was geeignet war, seine Übernahme in die diplomatische Karriere zu ermöglichen. Halbblut Juden haben wir schon manche gehabt, bzw. haben sie noch, aber Vollblut-Semiten, wie Mendelssohn, Warschauer, Bleichröder, Oppenheim haben wir bisher noch nicht.” [Now, however, he has learned that Oppenheim] “nach Berlin kommen werde, um zu betreiben, einesteils, dass er jetzt endlich in die Diplomatie übernommen werde, anderenteils, dass man seine Lokalkenntnisse bei der ägytpischen Reise seiner Majestät verwertet, kurz Oppenheim möchte mitreisen.”

p. 39

Oppenheim: “sahen in mir einen Mann, der trotz seiner gehobenen Stellung in der europäischen Gesellschaft und seines Ansehens unter den europäischen Diplomaten mit ihnen gerne zusammen war, der nicht auf sie herabschaute, wie die Engländer oder meisten anderen Europäer dies taten, die sich nicht direkt mit ihnen verständigen konnten, der vielmehr Freude an dem Leben, das sie damals noch führten, hatte und gerne an diesem teilnahm. Es hat dies naturgemäss zur Folge, dass sie mir mehr und mehr ihr Herz ausschütteten, wenn wieder einmal die Wogen der Cromer’schen Eingebohrenenpolitik höher schlugen, auf Grund dieses oder jenes Ereignisses verschärfte Massnahmen durch die Okkupationsmacht eintraten oder aber auch, wenn die Rede auf die Stimmung der eingeborenen Welt dem Khediven, den Türken oder irgend einem anderen Faktor gegenüber kam. Sie wussten, dass ich sie nicht verraten würde.”

p. 43

Von Schoen: “Eine gewisse Animosität gegen ihn ist in Frankreich und England entstanden, als er in der Zeit, wo wir in schärferem Gegensastz zu Frankreich wegen Marokko standen, durch Reisen und fachmännische Auskunft über Marokko die deutsche Politik zu informieren suchte. Das wird ihm nicht verdacht werden können. Dass es den Franzosen und Engländern missfiel ist begreiflich.”

p. 53

Abdul Hamid II: “Les liens de la religion qui nous unissent tous doivent être resserrés davantage d’année en année; c’est là qu’est notre espoir pour l’avenir! L’Angleterre, la France, la Russie et la Hollande ne sont-elles pas toutes en ma puissance? Un mot du Calife suffirait pour déchaîner le Djihād! Et alors, malheur aux puissances chrétiennes! Le moment n’est pas venu encore, mais il viendra, auquel tous les fidèles musulmans se lèveront comme un seul homme pour briser le joug du Giaour—les 85 millions de musulmans des possessions anglaises, les 30 millions des colonies hollandaises, les 10 millions de la Russie, etc.”

p. 53

Abdul Hamid II: “Tous les ennemis de l’Angleterre—et de fait toutes les puissances du monde devraient être de ce nombre, mais plus spécialement la Russie, la France et l’Allemagne—tous les ennemis de l’Angleterre devraient attacher une valeur particulière à notre amitié. Point n’est besoin d’être très intelligent pour comprendre que moi, le Calife, le Commandeur des Croyants, je pourrais d’un seul mot faire courir un grand danger à la domination anglaise dans l’Inde. Les ennemis de l’Angleterre ont laissé échapper le moment propice. La Russie et l’Allemagne auraient pu facilement renverser avec mon aide le château de cartes de l’Angleterre dans l’Inde. L’empereur allemand fut trop chevaleresque et sans doute a-t-il au fond du coeur un faible pour ses blonds cousins; puis aussi il se croyait tenu à des ménagements à cause des liens de parenté. C’est dommage que l’on n’ait pas su profiter de l’occasion favorable, c’est alors qu’on aurait dû régler ses comptes à l’Angleterre, pour toutes les brutalités qu’elle s’était permises à l’égard des autres nations, pour les violences dont ont été victimes les pauvres Hindous. Le jour de la vengeance viendra quand même! Les Hindous se lèveront et briseront le joug de l’Angleterre.”

p. 61

Snouck Hurgronje: “toutes les intrigues, toutes les calomnies ou autre armes venimeuses pour se nuire réciproquement dans l’esprit du Sultan et se porter des coups mortels”

p. 64

Hartmann: “Der Sturm, den das Vorgehen der Italiener in der islamischen Welt erregt hat, treibt seltsame Blüten. Es ist verständlich, dass die Empörung über den ‘Banditenstreich’ selbst die ergriff, die die Nachkommen der Landräuber all die Jahrhunderte seit dem Aufkommen des Islam sind, oder gar der Hordenleute, deren Rasse den Boden Ungarns zerstampften, und die sich vor Wien legten. Das Gedächtnis versagt ja, ach! in solcher Lage so leicht. Sehen wir nun aber, wie die Entrüstung sich äussert. Die harmlosere Form ist die Androhung des Boykotts aller Italiener durch all Muslime. Die scharfe Form ist die Androhung des Heiligen Krieges, d.h. des Kampfes gegen alle Ungläubigen, ausgenommen die vom Leiter der Gemeinde ausdrücklich als Freunde des Islam bezeichneten. Dieser Gedanke ist Wahnwitz. Er wurde aber kürzlich von angesehenen Muslimen sorgfältig formuliert, und diese Formulierung ist überall versandt worden und kann Unheil anrichten, wenn nicht rechtzeitig gewarnt wird.”

pp. 65-66

Hartmann: “Europa lacht über die blutrünstigen Reden, mit denen man die zu neunzig Prozent verständnislosen armen Teufel zur Siedehitze zu bringen hofft, die aus den entferntesten Enden der Islamwelt zur heiligen Übung sich eingefunden haben. Europa lacht über die Drohung mit dem Heiligen Kriege. Es hat in den letzten Jahren recht oft damit drohen hören, ohne dass das Geringste erfolgt ist. Es kam nicht einmal ein unheiliger Krieg bei dem Geschrei heraus. Der ‘Heilige Krieg’! Wissen diese Leute noch nicht, dass Kriegführen Geld kostet, schrecklich viel Geld? Wer soll die grosse Kriegskasse füllen? Wer soll sie verwalten? Wer soll die panislamischen Heere führen? Sind die Intellektuellen in Berlin so einfältig, zu glauben, dass ein Krieg der gesamten Islamwelt gegen die Ungläubigen sich heute noch ins Werk setzen lässt? Es ist seltsam, dass gerade sie für den Heiligen Krieg eintreten. Diese Pose steht ihnen gar nicht. Ja, sie könnte ihnen verhängnisvoll werden. Träger des Islam, der den Heiligen Krieg im Ranzen führt, sind die starren Dogmatiker, die an den unsinnigsten Bestimmungen des Heiligen Rechts, des Schariat, festhalten (Steinigung wegen unerlaubten Geschlechtsverkehrs, achtzig Peitschenhiebe für einen Weinrausch, Handabhauen für einen Diebstahl). Das ist der Geist des Panislamismus. Wenn die dünne Schicht der islamischen Intellektuellen in den europäischen Hauptstädten mit diesem Geiste liebäugelt, wenn sie bei keiner Gelegenheit unterlässt, auf die angebliche grosse Gefahr des Panislamismus hinzuweisen, so ist da eine Komödie, die zu politischen Zwecken gespielt wird. Zugleich liegt darin ein Doppelspiel, sofern eben jene Leute sonst immer das Nationale auf ihre Fahne schreiben und als Jungtürke, Jungägypter, Jungperser ihren Völkern Erneuerung predigen und dabei gerade den religiösen Gedanken hintanstellen. Sie sollen sich hüten: erregen sie den Fanatismus der islamischen Massen, so werden diese sie sich genau ansehen und ihnen übel mitspielen, wenn man sie als Ungläubige, als Schweinefleischesser, als Weintrinker erkannt hat.”

p. 67

Tavilet: “… die ganz inkohärent zu einer nur äusserlichen Einheit zusammengepressten iranischen-arischen, semitischen und türkischen Stämme ein gemeinsames Band […], das die anscheinend ziellose Willkür der geschichtlichen Vereinheitlichung so heterogener Elemente durch ein inneres lebendiges Band ersetzen könnte.”

p. 68

Tavilet: “Immerhin wird mit der stärkeren Einsetzung eines national-kulturellen Volksempfindens im Osten auch die dominierende Stellung der religiösen Doktrin sich abschwächen und mit der Entwicklung moderner Wirschaftsbedürfnisse und Lebensformung auch die Starrheit überkommener Anschauungen sich lockern. […] So können wir schliessen: Unter den gegebenen Verhältnissen ist der panislamische Gedanke nur mit dem Osmanentum als führender Kraft überhaupt denkbar, als eine Reaktion auf den Panslawismus nicht unmöglich, ebensowenig aber als rein religiöse Bewegung durchführbar, da das türkische Reich, solange es noch europäische Macht, militärtechnisch, finanziell und diplomatisch sich nicht vom ‘Konzert’ der Mächte bis zur Isolation ablösen kann, um, schimärischen Ideen anhangend, darüber seine wirklichen Interessen zu versäumen. Deshalb wird auch der panislamische Gedanke, mag er immerhin türkischen Politikern und Patrioten ein mehr oder weniger stiller Wunsch sein, sich für die absehbare Zukunft kaum auf eine so feste Basis stellen lassen, um ihm zuliebe das Risiko eines möglichen Verlustes des bereits Errungenen gerechtfertigt erscheinen zu lassen.”

pp. 77-78

Louis Mercier: “Nevertheless, I am convinced that all of us who have lived for long years in close contact with a Muslim population, whether Eastern or Western, have had many occasions to feel that the idea of jihad has persisted through time, to the point of dominating, perhaps unconsciously, the whole life of this population, imprinting itself on its deepest aspirations, and influencing its attitudes in its relations with ‘infidels.’”

p. 100, ch. 5, note 42

Wolff-Metternich: “Le gouvernement turc ne s’est laissé détourner de l’exécution de son programme—liquidation de la question arménienne par l’extermination de la race arménienne—ni par nos admonestations ni par celles de l’Ambassade américaine et du Nonce apostolique, ni par les menaces des puissances de l’Entente, et encore moins par la crainte de l’opinion publique dans les pays occidentaux. […] Il ne faut pas voir dans l’islamisation par force des Arméniens une mesure inspirée par le fanatisme religieux, du moins pas en premier lieu. Ce genre de sentiment était probablement étranger aux potentats Jeune Turcs. Mais il n’en demeure pas moins vrai que tout bon patriote ottoman doit avant tout faire profession d’appartenir à l’islam. En Orient, religion et nationalité ne font qu’un; l’histoire de l’Empire turc, du début à nos jours, est là pour nous le prouver et tout Ottoman en porte la conviction au plus profond de lui-même. Les déclarations officielles et officieuses qui affirment le contraire, ainsi que tout l’attirail de citations du coran et de la tradition, font partie des belles phrase que l’on sert aux Européens depuis l’époque des firmans de la réforme pour les convaincre de la tolérance de l’islam et des Ottomans. De même, si les ministres démentent les informations qui circulent sur les persécutions religieuses, c’est avant tout pour des questions de bon ton; mais leurs protestations comportent quand même une part de vérité dans la mesure où le motif directeur n’est pas le fanatisme religieux, mais la volonté d’amalgamer les Arméniens avec l’élément musulman de l’Empire.”

pp. 102-103

Seidt: “Wer im Politischen Archiv des Auswärtigen Amts in Berlin in der Aktenserie ‘Unternehmungen und Aufwiegelungen gegen unsere Feinde’ einen kühl kalkulierten, sorgfältig geplanten ‘Griff nach der Weltmacht’ sucht, der wird enttäuscht. Sicher dachte Max von Oppenheim kühn in den Kategorien deutscher Weltmachtpolitik und entwarf ein Gesamtkonzept, das der Reichsregierung ein in sich schlüssiges Revolutionierungsprogramm für den Orient vorlegte. Aber sein Plan entbehrte der sorgfältigen Vorbereitung und der materiellen Grundlage. Zur Umsetzung fehlte es an Personal und Material. Sachkunde und Ausrüstung waren nicht vorhanden. Die Schüsse von Sarajewo und der Kriegsausbruch hatten das Deutsche Reich, sieht man von den Aufmarschplänen des Grossen Generalstabs ab, unvorbereitet getroffen. Max von Oppenheims Traum vom ‘Heiligen Krieg’ musste zu einem schmerzhaften Erwachen führen.

“Berlin begann zu improvisieren. Nachdem Anfang November 1914 der Unterstaatssekretär im Auswärtigen Amt, Arthur Zimmermann, Oppenheims Denkschrift in das Grosse Hauptquartier gesandt hatte, wurde zur Koordinierung die Nachrichtenstelle fur den Orient, kurz: NO, gegründet. Zunächst in Berlin-Mitte, im Reichskolonialamt in der Mauerstrasse 45/46 untergebracht, ubersiedelte die NO später in eigene Räume in der Tauentzienstrasse 19a. Von dort aus arbeiteten Oppenheim und seine Mitarbeiter, vor allem sein Stellvertreter Schabinger von Schowingen, eng mit dem Auswärtigen Amt zusammen, wo der junge Diplomat Otto von Wesendonck für die Aufwiegelungsaktionen zuständig war. Ein anderer Angehöriger des Auswärtigen Amts, Rudolf Nadolny, übernahm als Hauptmann der Reserve und Chef der Sektion Politik im Stellvertretenden Generalstab die Verbindung zu den militärischen Stellen.

“Während in Berlin erst schrittweise die organisatorischen Grundlagen geschaffen wurden, bestätigten sich vor Ort in Konstantinopel die skeptischen Erwartungen Niedermayers. Der deutsche Orientalist Ernst Jäckh, der vom 12. bis 22. Dezember 1914 in Konstantinopel die Chancen einer Revolutionierung des Ostens sondierte, fasste nach seiner Rückkehr am 3. Januar 1915 seine Erfahrungen ernüchtert zusammen. In seinem ‘Bericht über die Organisation in Konstantinopel zur Revolutionierung feindlicher Gebiete’ zeichnete Jäckh ein düsteres Bild: ‘Der allgemeine Eindruck lässt sich dahin zusammenfassen, dass alle diese Arbeiten verspätet und improvisiert eingesetzt haben, da im Frieden nichts vorbereitet worden ist.’ Jäckhs Bericht und die Akten des Auswärtigen Amts belegen eine erschütternde Diskrepanz zwischen politischem Wollen und operativen Fähigkeiten, zwischen hochgespannten Zielen und nicht vorhandenen Instrumenten. Improvisation und Wunschdenken ersetzten sorgfältige Planung und umsichtige Aufklärung.”

p. 121, ch. 7, note 3

Oppenheim: “Land und Leute in ihrer geschichtlichen Entwickelung und in ihrer ethnographischen und religiösen Eigenart zu schildern. Dabei habe ich es für meine Pflicht gehalten, die reichhaltige Literatur, welche Geschichte und Geographie von Syrien und Mesopotamien behandelt und welche neben Werken klassischer griechisch-römischer und arabischer Autoren sowie moderner arabischen Chronisten eine ganze Reihe älterer europäischer Reisewerke und sehr zahlreiche neuere wissenschaftliche Arbeiten umfasst–die zum Teil in schwer zugänglichen Zeitschriften verstreut sind–von Fall zu Fall anzuziehen.”

p. 121, ch. 7, note 4

Oppenheim: “Nur eines kann meines Erachtens den Beduinen gegenüber fruchten: das ist Machtentfaltung, starke Garnisonen mit guten auf Maultieren, Kamelen oder Pferde berittenen Regimentern, welche die Beduinen im Schach halten und sie nachhaltig verfolgen und energisch strafen, wenn sie die Bauern besteuern oder ausplündern, und, wenn nicht anders möglich, das ganze Volk aus Mesopotamien hinaus in die Wüste Arabiens werfen.”

p. 133, ch. 7, note 29

Oppenheim: “Die subaräische Kultur hat sicherlich dieselbe Bedeutung wie die altbabylonische und altägyptische. Durch die Entdeckung des Tell Halaf und der Steinbilder des Djebelet el Beda ist auch für Obermesopotamien der Nachweis des Bestehens dieser dritten selbständigen Kultur Vorderasiens, und zwar bis in die allerälteste prähistorische Zeit, erbracht.” (1931 German text, pp. 52–53)

p. 137

Oppenheim: “… die Frage, die so viele Künstler heute beschäftigt, eine auf einem Sockel befindliche Büste herzustellen, erschien hier in eigenartiger einfacher Weise gelöst. Vom Menschen hatte der Stein nur den Kopf, selbst die Schultern und Armansätze der griechischen Hermen fehlten. Statt dessen liefen zwei viereckig gearbeitete Steinstreifen vorn an der Säule herab, und auf einer derselben waren Keilschriftzeichen angebracht. An den beiden Seitenflächen aber waren flügelartige Ansätze erkennbar, als ob die Figur mit herabfallenden Flügeln dargestellt wäre. Der untere Teil der Steinsäule wurde nicht gefunden. Die Lippen des Kopfes waren schmal, die Nase, von der nur ein Teil erhalten war, muss allem Anschein nach stark gewesen sein; die Augen—eines wurde gefunden—waren aus glatt polirtem schwarzen Basalt, sie ruhten in einer weissen Gipsumrahmung. Im übrigen war die Statue wie die übrigen Bildwerke des Tell Halaf aus dunklem, vulkanischem Gestein hergestellt. Die Haare zeigten keine herabfallenden Locken, wie bei den anderen im Tell Halaf gefundenen Figuren, doch waren sie sorgfältig geordnet, und über die Stirn schlang sich eine Spange, von der ein merkwürdiger Kopfputz herabfiel. Derselbe bestand an den Seiten und am Hinterkopf aus Bändern, die in aufwärts gedrehten Kringeln ausliefen, rechts und links von den Schläfen hingen zwei besonders starke Bänder herab, und zwischen diesen, unter dem Kinn, zeigten sich wieder ähnlich kleinere Bänder am Hals. Die ganze Art dieses Kopfputzes, sowie das Mystische im Gesichtsausdruck der Frau lässt den Gedanken unabweisbar erscheinen, dass der Bildhauer das Gesicht zwischen den beiden grossen Bändern an den Schläfen mit einem Schleier bedeckt darstellen wollte, von dessen unterem Teil die kleinen Bändchen am Halse herabfielen. Ganz ähnliche Schleier finden sich heute noch bei gewissen mehr oder weniger sesshaft gewordenen Beduinenstämmen Unter-Ägyptens und vor allem bei den Araberinnen des Persischen Golfes. In der verschleierten Frau des Tell Halaf dürften wir das älteste Beispiel eines verschleierten Bildes von Stein vor uns haben. Vielleicht haben wir es hier mit der schon im alten Testament genannten babylonischen Pfahlgöttin zu thun, der Ischtar, aus welcher die syrische Astarte und die Venus wurde.”

pp. 138140

Oppenheim: “Das letzte Schürfloch D lage einige Schritte nordwestlich von dem hervorgehenden. Hier machten wir den merkwürdigsten unserer Funde, Stein 14. Es war der Torso einer menschlichen Gestalt, von der ich auf den ersten Blick den Eindruck gewann, dass der Künstler damit ein verschleiertes Frauenbild, ein Göttin darstellen wollte. Der Kopf wuchs unmittelbar aus einem viereckigen Steinstück hervor, das nur wenig breiter war als der Hals. Schultern und Arme fehlten. Von der Brustgegend an abwärts war der Stein nach innen zu abgeflacht, derart, dass nur an den Rändern zwei breite, erhabene, eckige Streifen senkrecht verliefen. Auf dem linken Streifen waren zwei Zeilen Keilschrift eingemeisselt, über denen oben eine kleine Querschrift angebracht war. Unten war die Steinsäule schräg abgebrochen, was leider auch eine Verstümmelung der Inschrift zur Folge hatte. An der Seite des Steines waren schuppenartige Motive vorhanden, die vielleicht Ansätze von Flügeln sein sollten.

“Die Behandlung des Gesichts hatte im Gegensatz zu den groben männlichen Zügen auf den anderen Orthostaten etwas durchaus weichliches und verschwommenes. Das Antlitz war ganz flach dargestellt, die Backenknochen und das Oval der Wangen nur angedeutet. Die Lippen waren sehr fein behandelt, eine Eigentümlichkeit, welche übrigens dieses Bild mit den anderen des Tell Halaf teilte. Nur die Nase, von der nur ein Teil erhalten war, ragte kräftig hervor. Das Kinn war bartlos und glatt, die Konturen kaum erkennbar. Das Gesicht trat nur in sehr geringem Masse aus dem Hals hervor, der eine kaum merkliche Verengung darstellte. Die Augenhöhlen waren sehr gross. Der obere Teil des Kopfes war geborsten, und beim Graben vielen die beiden Teile auseinander. Der Riss ging gerade über die Augen. Das eine Auge war unversehrt vorhanden: ein schwarzer, blank polierter eiförmiger Kern aus Basalt, 5 cm lang, 3 cm breit und 3 cm hoch, umgeben von einer weissen gipsartigen Masse. Dies steinerne Auge fiel zu Boden und wurde vonmir nach Hause gebracht. Die andere Augenhöhle war leer.

“Auf dem Haupte befand sich eine käppchenartige, der Kopfform sich anschmiegende Bedeckung, welche über den Stirn in einem breiten Bande abschloss. Das Käppchen hatte flache ringelartige Verzierungen. (Vielleicht wollte der Künstler auch nur ein Stirnband auf dem Kopfe und die Haare in ringelartiger flach aufliegender Form darstellen.) Von dem Stirnbande fielen vor den Ohren bis zu den Schultern zwei kräftige Bänder herab, deren Ende nach aussen und aufwärts schneckenförmig geringelt waren. Zwischen diesen, unterhalb des Kinnes, fand der eigenartige Kopfputz in einer wagerechten Linie seinen Abschluss, von der wiederum kleinere Bändchen bis zur Brustgegend herabfielen. Auch diese endigten meist (von dreien immer je zwei) in nach aussen aufgedrehten Kringeln. Abwechselnd war immer ein längeres und kürzeres geringeltes und dann ein noch kürzeres ungeringeltes Bändchen gruppiert. […]

“Die ganze Art dieses Kopfputzes sowie das Mystische in dem Gesichtsausdruck lässt den Gedanken unabweisbar erscheinen, dass wir es mit einem Frauenkopf zu tun haben, und dass der Bildhauer das Gesicht zwischen den beiden von den Schläfen herabhängenden grossen Bändern mit einem Schleier bedeckt darstellen wollte, von dessen unterem Teile die kleinen Bändchen am Halse herabfielen. Ganz ähniche Schleier werden heute noch von den arabischen Frauen des persischen Golfes und von den Frauen ägyptischer Beduinen in der Nähe des Suezkanales getragen. […]

“Haben wir es bei der verschleierten Göttin des Tell Halaf mit einer hermenartigen Büste zu tun, oder ist das von mir freigelegte säulenartige Steinstück nur der Teil einer gewaltigen Steinplatte gewesen, eines Orthostaten mit der Leibe eines Sphinx? Für die erstere Auffassung spricht namentlich die gerade Haltung des Kopfes und die Behandlung der Brustgegend. Dagegen legt der Verlauf der Linien des Hinterhauptes und des Nackenansatzes auf dem Steinfragment 15 die Vermutung näher, dass der Kopf auch unserer Göttin unmittelbar in den Rücken einer vierfüssigen Tiergestalt überging. Auch die Steinstreifen vorne könnten zu einer Figur ähnlich wie auf Stein 1 gehören. Spätere Ausgrabungen werden dieses Problem lösen.”

p. 151, ch. 8, note 7

Führer durch das Tell Halaf-Museum: “Das Tell Halaf-Museum wird von der von Baron von Oppenheim begründeten ‘Max von Oppenheim Stiftung (Orient-Forschungs-Institut),’ Berlin, Savigny Platz 6, verwaltet. Das Forschungsgebiet der Stiftung ist der alte und neue Vordere Orient. Freiherr von Oppenheim hat die ihm von der französisch-syrischen Mandatregierung erteilte Konzession zur Ausgrabung der Ruinenstätten von Tell Halaf, Fescherija-Waschukani und Djebelet el Beda auf den Namen seiner Stiftung eintragen lassen. Auf diese Weise ist dafür gesorgt, dass die Ausgrabungsarbeiten, die noch viele Jahre beanspruchen werden, auch nach seinem Ableben, fortgeführt werden können.”

p. 164, ch. 10, note 7

Schacht: “Man stempele die Juden in jedem gewünschten Masse zu Einwohnern minderen Rechts durch entsprechende Gesetze, aber für die Rechte, die man ihnen lassen will, gewähre man ihnen staatlichen Schutz gegen Fanatiker und Ungebildete.”

p. 165

Köhler: “Der Entzug des gesellschaftlichen Ansehens und des sozialen Status schränkte zudem den Aktionsradius der Bankiers ein und bereitete damit letzlich den Ausschluss aus dem Wirtschaftsleben vor. Eine Untersuchung der repressiven Vor- und Rahmenbedingungen der ‘Arisierung’ von Privatbanken kann damit nicht auf die Veränderungen der Geschäftsbilanzen als Ergebnis von Boykott und ökonomischer Ausgrenzung begrenzt bleiben, sondern muss ausserökonomische Verdrängungsmechanismen einbeziehen.”

p. 206, ch. 12, note 3

Festschrift: “To mark his 70th birthday, these essays are dedicated, in deepest admiration and friendship, to Max Freiherr von Oppenheim, generous benefactor and promoter of scholarship, justly esteemed investigator of the cultures of the ancient Middle East, who, with a felicitous hand, brought to light the treasures of Tell Halaf and awakened them to new life, outstanding authority on the land and peoples, arts and sciences of the Islamic world, munificent founder of the Institute for Middle East Research, by….”

p. 215

Renan: “Je me représente l’apparition des langues sémitiques et celle des langues ariennes comme deux apparitions distinctes, quoique parallèles, en ce sens que deux fractions d’une même race, séparées immédiatement après leur naissance, les auraient produites sous l’empire de causes analogues, suivant des données psychologiques presque semblables…”

p. 216, ch. 12, note 19

Günther: “Über das erste Auftreten der dinarischen Rasse lässt sich heute noch wenig sagen. Sie muss wohl mit der vorderasiatischen Rasse zusammen urpsrünglich eine einheitliche Menschengruppe gebildet haben, deren Urheimat im Gebiet des Kaukasus zu vermuten ist. Dann muss nach der Abwanderung eines Teils dieser Menschengruppe eine Änderung der Auslese in anderer Umwelt aus der urpsrünglich einheitlichen Menschengruppe zwei gebildet haben, die sich durch mehrere Merkmale unterscheiden, doch nicht so, dass ihre Zusammengehörigkeit nicht noch immer erkennbar bliebe.”

p. 218

Ungnad: “Die uns so wenig sympathischen Eigenschaften der vorderasiatischen Steilköpfe treten je weiter in den Hintergrund, je mehr wir uns von den Gebieten entfernen, in denen Mischungen mit anderen Rassen stattgefunden haben, und auch die durchschnittliche Körperhöhe scheint nach derselben Richtung hin zuzunehmen, sodass zum Beispiel die Tscherkessen in Ziskaukasien, die ebenfalls eine Kaukasussprache sprechen, sich körperlich und seelisch schon stark der dinarischen Rasse zuneigen. Ihr Stolz, ihre Verwegenheit, ihre gastfreundliche Gesinnung einerseits, ihr in der Blutrache zum Ausdruck kommender Jähzorn andererseits, sind Eigenschaften, die wir auch unter europäischen Volksstammen antreffen, bei denen dinarische Rasse vorwiegt. Auch den im Kaukasus selbst auf russischem Gebiet sesshaften Völkerschaften derselben Rasse wird in Beschreibungen durchaus kein uns abstossender Charakter zuerkannt, wenn man etwa von der bei ihnen meist üblichen gewaltsamen Selbsthilfe absieht, die unserm heutigen Rechtsempfinden zuwiderlauft, die sich aber auch bei Dinariern allgemein vorfindet. Da sich Völker immer dort auch seelisch am reinsten erhalten, wo sie Artfremdes sich fernhalten und namentlich die ihnen arteigene Sprache bewahren konnten, so wäre es m. E. voreilig, die vorderasiatischen Steilköpfe in Bausch und Bogen als minderwertig zu verdammen. Die Sache liegt vielmehr so, dass sich die schlechten Charakterzüge erst in den Gebieten entwickelt haben, die Jahrtausende lang unter dem Joche anderer Rassen geschmachtet haben. Hier konnten sich die Unterworfenen um so besser erhalten, je mehr sie sich den Herren anzupassen versuchten, und da eine solche Anpassung der seelischen Eigenschaften nur bis zu einem allgemeinmenschlichen Grade möglich ist, mussten Verstellung, Heuchelei, Geldgier und Unehrlichkeit im allgemeinen das ersetzen, was ihnen an sich rassefremd war: diese Volksteile der unterworfenen Rasse setzten sich im Laufe der Zeit durch Auslese immer mehr durch, während die, die sich weniger anzupassen vermochten, ausgemerzt wurden. Es zeigt sich auch hier wieder die Gefährlichkeit der Unterdrückung arteigenen Volkstums nicht nur für die Unterworfenen, sondern in letzter Linie auch für die Herrscherschicht, die in rassefremdem Gebiet schliesslich auch degeneriert und zugrunde geht. Andrerseits hat Russland, das den Kaukasusvölkern seine indogermanische Sprache nicht aufzwang, nur gute Erfahrungen damit gemacht.”

p. 222

Teichmann: “Während das neue Regime mit Fackelzug und Jubelgesängen dessen Triumph am Brandenburgr Tor feierte, sass Max von Oppenheim mit zwei Gästen, Cornelius Vanderbilt jr. aus New York und seinem Neffe Harold von Oppenheim, unweit davon in einem Tanzlokal, als ‘einige halb-betrunkene Männer in das Lokal stürzten und brüllten: ‘Die Juden heraus!’ Der Wirt und die Kellner beruhigten Sie mit der Versicherung, es wären keine Juden im Saale. Nach einiger Zeit kamen sie wieder, worauf einer der Gäste in energischer Weise gegen sie auftrat, wobei es beinahe zu einem Hangemenge gekommen wäre. Daraufhin verzogen sich diese Leute, um nicht mehr wiederzukommen.’”

p. 227, ch. 12, note 40

Prüfer: “aus deutschem Munde, allerdings jenem eines SS-Mannes, hörte ich hier auf der Fahrt durch Spanien zum ersten Male von der Massenverschickung der Juden mit kalter Selbstverständlichkeit sprechen. Zwar waren über diese Verschickungen Gerüchte aus Deutschland und Berichte aus feindlicher Quelle zu uns gedrungen, sie schienen uns jedoch so ungeheuerlich zu sein, dass wir sie, wie so viele andere Nachrichten der gegnerischen Propaganda, die sich als unrichtig erwiesen hatten, für ‘Greuelmärchen’ und zum mindesten für Übertreibungen gehalten hatten. Im weiteren Verlauf der Reise verstärkte sich der ungünstige Eindruck. Die uns entgegengesandten Herren aus dem Auswärtigen Amt und der NSDAP sprachen untereinander mit völliger Gelassenheit über Dinge, die so unwahrscheinlich klangen, dass wir sie nicht geglaubt hätten, wenn irgend welche Reisende sie uns erzählt hätten.”

pp. 235-236

Seidt: “Hitler wollte keine Zusammenarbeit mit den von den Briten unterworfenenen und ausgebeuteten Kolonialvölkern. Er erinnerte sich noch genau an die Jahre 1920/1921, als seine Partei begann, in München Fuss zu fassen. Damals wurde in nationalistischen Zirkeln der bayerischen Hauptstadt erörtert, die NSDAP als ‘Freiheitsbewegung der deutschen Nation’ einem ‘Bund der unterdrückten Nationen’ anzuschliessen. Hitler wurden damals Ägypter und Inder vorgestellt, die auf ihn ‘den Eindruck schwatzhafter Wichtigtuer, bar jedes realen Hintergrunds machten.’ Er war aufgebracht, dass es sogar und gerade im nationalen Lager Deutsche gab, ‘die sich von solchen aufgeblasenen Orientalen blenden lassen.’ Deshalb trat er schon sehr früh in München politischen Beziehungen seiner Partei zu Vertretern unterdrückter Kolonialvölke konsequent entgegen: ‘Ich habe mich gegen solche Versuche immer gewehrt. Nicht nur, dass ich Besseres zu tun hatte, als in so unfruchtbaren “Besprechungen” Wochen zu vertrödeln, hielt ich auch, selbst wenn es sich dabei um autorisierte Vertreter solcher Nationen gehandelt hätte, das ganze für untauglich, ja schädlich.’”

pp. 240-241

Exchange of views between Hitler and Husseini, the Grand Mufti (including the Mufti’s opening statement to Hitler, which was omitted from the main text):

F 1/0 018–24

Auszeichnung des Gesandten Schmidt (Büro RAM)

Geheime Reichssache               BERLIN, den 30. November 1941

Fiih. 57a g. Rs.

AUFZEICHNUNG ÜBER DIE UNTERREDUNG ZWISCHEN DEM FÜHRER UND DEM GROSSMUFTI VON JERUSALEM, IN ANWESENHEIT DES REICHSAUSSENMINISTERS UND DES GESANDTEN GROBBA IN BERLIN AM 28. NOVEMBER 1941

Der Grossmufti bedankte sich zunächst beim Führer für die grosse Ehre, die ihm dieser erwiese, indem er ihn empfinge. Er benutze die Gelegenheit, um dem von der gesamten arabischen Welt bewunderten Führer des Grossdeutschen Reiches seinen Dank für die Sympathie auszusprechen, die er stets für die arabische und besonders die palästinensische Sache gezeigt habe und der er in seinen öffentlichen Reden deutlichen Ausdruck verliehen habe. Die arabischen Länder seien der festen Überzeugung, dass Deutschland den Krieg gewinnen würde und dass es dann um die arabische Sache gut stehen würde. Die Araber seien die natürlichen Freunde Deutschlands, da sie die gleichen Feinde wie Deutschland, nämlich die Engländer, die Juden und die Kommunisten, hatten. Sie seien daher auch bereit, von ganzem Herzen mit Deutschland zusammenzuarbeiten und stünden zur Teilnahme am Kriege zur Verfügung, und zwar nicht nur negativ durch Verübung von Sabotageakten und Anstiftung von Revolutionen, sondern auch positiv durch Bildung einer arabischen Legion. Die Araber konnten für Deutschland als Verbündete nützlicher sein, als es vielleicht auf den ersten Blick den Anschein habe, sowohl aus geographischen Gründen als auch wegen der Leiden, die ihnen von den Engländern und Juden zugefügt worden seien. Zudem besassen sie zu allen muselmannischen Nationen enge Beziehungen, die sie für die gemeinsame Sache benutzen könnten. Die arabische Legion würde mit Leichtigkeit aufzustellen sein. Ein Appell des Mufti an die arabischen Länder sowie an die Gefangenen arabischer, algerischer, tunesischer und marokkanischer Nationalität in Deutschland würde eine grosse Anzahl von kampfeswilligen Freiwilligen ergeben. Vom Siege Deutschlands sei die arabische Welt fest überzeugt, nicht nur weil das Reich eine grosse Armee, tapfere Soldaten und geniale militärische Führer besässe, sondern weil der Allmächtige niemals einer ungerechten Sache den Sieg verleihen könne.

Die Araber erstrebten in diesem Kampf die Unabhängigkeit und Einheit Palästinas, Syriens und des Irak. Sie hatten das vollste Vertrauen zum Führer und erwarteten von seiner Hand den Balsam für die Wunden, die ihnen die Feinde Deutschlands geschlagen hatten.

Der Mufti erwähnte sodann das Schreiben, das er von Deutschland erhalten habe, in dem ausgeführt sei, dass Deutschland keine arabischen Länder besetzt halte und die Unabhängigkeits- und Freiheitsbestrebungen der Araber verstünde und anerkenne, ebenso wie es für die Beseitigung der national-jüdischen Heimat eintrete.

Im jetzigen Augenblick würde für die propagandistische Einwirkung auf die arabischen Völker eine öffentliche Erklärung in diesem Sinne von grösstem Nutzen sein. Sie würde die Araber aus ihrem augenblicklichen Lahmungszustand aufrütteln und ihnen neuen Mut geben. Sie würde ausserdem dem Mufti die Arbeit der geheimen Organisierung des Arabertums für den Augenblick des Losschlagens erleichtern. Gleichzeitig könne er zusagen, dass die Araber voller Disziplin den richtigen Augenblick geduldig erwarten und erst auf einen Befehl von Berlin losschlagen würden.

Zu den Vorgängen im Irak bemerkte der Mufti, dass die Araber dort keineswegs etwa von Deutschland zum Angriff auf England aufgefordert worden seien, sondern lediglich auf einen direkten Angriff Englands auf ihre Ehre gehandelt hätten.

Die Türken würden seiner Ansicht nach die Errichtung einer arabischen Regierung in den Nachbargebieten begrüssen, da sie lieber eine schwächere arabische Regierung als starke europäische Regierungen in den Nachbarländern sähen und im übrigen von den 1,7 Millionen Arabern, die in Syrien, Transjordanien, Irak und Palästina wohnten, nichts zu befürchten hatten, da sie selbst ein Volk von 17 Millionen seien.

Auch Frankreich würde gegen die Vereinigung nichts einzuwenden haben, da es bereits im Jahre 1936 Syrien die Unabhängigkeit gewährt habe und bereits im Jahre 1933 der Vereinigung von Irak und Syrien unter König Feisal zugestimmt hatte.

Unter diesen Umständen erneuere er die Bitte, der Führer möge eine öffentliche Erklärung abgeben; damit die Araber nicht die Hoffnung, die eine so grosse Kraft im Leben der Völker darstelle, verlören. Mit dieser Hoffnung im Herzen seien die Araber, wie gesagt, bereit zu warten. Sie hatten es mit der sofortigen Durchführung ihrer Bestrebungen nicht eilig; ein halbes oder ein ganzes Jahr konnten sie leicht zuwarten. Wenn ihnen jedoch durch eine derartige Erklärung eine solche Hoffnung nicht gegeben würde, sei zu erwarten, dass die Engländer den Nutzen daraus ziehen würden.

Der Führer erwiderte, dass die grundsätzliche Einstellung Deutschlands zu diesen Fragen, wie das vom Mufti bereits selbst ausgesprochen sei, klar wäre. Deutschland trete für einen kompromisslosen Kampf gegen die Juden ein. Dazu gehöre selbstverständlich auch der Kampf gegen die jüdische Heimstätte in Palästina, die nichts anderes sei als ein staatlicher Mittelpunkt für den destruktiven Einfluss der jüdischen Interessen. Deutschland wisse auch, dass die Behauptung, das Judentum übe die Rolle eines Wirtschaftspioniers in Palästina aus, eine Lüge sei. Dort arbeiteten nur die Araber, nicht aber die Juden. Deutschland sei entschlossen, Zug um Zug eine europäische Nation nach der anderen zur Lösung des Judenproblems aufzufordern und sich im gegebenen Augenblick mit einem gleichen Appell auch an aussereuropäische Völker zu wenden.

Gegenwärtig stehe Deutschland in einem Kampf auf Leben und Tod gegen zwei Machtpositionen des Judentums: Grossbritannien und Sowjetrussland. Theoretisch sei der Kapitalismus Englands und der Kommunismus Sowjetrusslands voneinander verschieden, in Wirklichkeit jedoch verfolge das Judentum in beiden Ländern ein gemeinsames Ziel. Dieser Kampf sei das Entscheidende; auf der politischen Ebene stelle er sich im Grunde als eine Auseinandersetzung zwischen Deutschland und England dar, weltanschaulich sei es ein Kampf zwischen dem Nationalsozialismus und dem Judentum. Selbstverständlich würde Deutschland dem im gleichen Ringen stehenden Arabertum positive und praktische Hilfe zukommen lassen, denn platonische Zusicherungen seien in einem Kampf um Sein oder Nichtsein, wo das Judentum die britischen Machtmittel fur seine Zwecke einsetzen könne, zwecklos.

Die Unterstützung der Araber müsste materieller Art sein. Wie wenig in einem solchen Kampf Sympathien allein hülfen, sei an der Unternehmung im Irak klar geworden, wo die Umstände eine wirklich durchschlagende praktische Hilfe nicht zugelassen hätten. Trotz aller Sympathien habe die deutsche Hilfe nicht genügt und der Irak sei von den britischen Machtmitteln, das heisst von dem Vormunde der Juden, besiegt worden.

Der Mufti müsse jedoch einsehen, dass in dem gegenwärtigen Kampf auch das Schicksal der arabischen Welt mit entschieden werde. Der Führer müsse daher nüchtern und kühl abwagend als Verstandesmensch und primär als Soldat, als Führer der deutschen und alliierten Armeen denken und sprechen. Alles, was geeignet sei, in diesem riesigen Kampf der gemeinsamen Sache und daher auch dem Arabertum zu helfen, müsse geschehen. Alles jedoch, was zu einer Schwächung der militärischen Lage beitragen könne, müsse trotz evtl. Unpopularität zurückgestellt werden.

Deutschland stehe in sehr schweren Kämpfen, um sich den Zugang zum nord-kaukasischen Gebiet zu eröffnen. Die Schwierigkeiten lagen vor allem im Nachschub, der infolge der Zerstörung der Eisenbahnen und Strassen sowie des einsetzenden Winters ausserordentlich erschwert sei. Wenn in diesem Augenblick der Führer in einer Erklärung das Problem Syrien vorwegnähme, so würde dies diejenigen Elemente in Frankreich stärken, die unter dem Einfluss de Gaulles stehen. Sie würden die Erklärung des Führers als eine Absicht der Auflösung des französischen Kolonialreiches auslegen und ihre Landsleute auffordern, lieber gemeinsame Sache mit den Engländern zu machen und zu retten zu versuchen, was noch zu retten wäre. Man würde in Frankreich die deutsche Erklärung bezüglich Syriens auf die französischen Kolonien im allgemeinen beziehen, und daher würden im jetzigen Augenblick daraus neue Schwierigkeiten in Westeuropa entstehen, das heisst ein Teil der deutschen Wehrmacht würde im Westen gebunden werden und nicht mehr für den Ostfeldzug zur Verfügung stehen.

Der Führer gab sodann dem Mufti folgende Erklärung ab, indem er ihn bat, sie in seinem tiefsten Herzen zu verschliessen:

1)  Er (der Führer) werde den Kampf bis zur völligen Zerstörung des jüdisch-kommunistischen europäischen Reiches fortführen.

2)  Im Zuge dieses Kampfes würde zu einem heute noch nicht genau nennbaren, aber jedenfalls nicht fernen Zeitpunkt von den deutschen Armeen der Südausgang Kaukasiens erreicht werden.

3)  Sobald dieser Fall eingetreten sei, würde der Führer von sich aus der arabischen Welt die Versicherung abgeben, dass die Stunde der Befreiung für sie gekommen sei. Das deutsche Ziel würde dann lediglich die Vernichtung des im arabischen Raum unter der Protektion der britischen Macht lebenden Judentums sein. In dieser Stunde würde dann auch der Mufti der berufenste Sprecher der arabischen Welt sein. Es würde ihm obliegen, die von ihm insgeheim vorbereitete arabische Aktion auszulösen. Dann würde auch Deutschland die Reaktion Frank-reichs auf eine derartige Erklärung gleichgültig sein können.

Wenn Deutschland sich den Weg über Rostow zum Iran und nach Irak erzwinge, würde dies gleichzeitig den Beginn des Zusammenbruchs des britischen Weltreichs bedeuten. Er (der Führer) hoffe, dass sich für Deutschland im nächsten Jahre die Möglichkeit ergeben werde, das Kaukasische Tor nach dem Mittleren Orient aufzustossen. Es sei besser, im Dienst der gemeinsamen Sache mit der arabischen Proklamation noch einige Monate zu warten, als dass sich Deutschland selbst Schwierigkeiten schüfe, ohne den Arabern dadurch helfen zu können.

Er (der Führer) verstehe durchaus die Sehnsucht der Araber nach einer öffentlichen Erklärung, wie sie der Grossmufti verlange. Er gäbe diesem jedoch zu bedenken, dass er (der Führer) selbst fünf Jahre lang Staatsoberhaupt des Deutschen Reichs gewesen sei, ohne seiner eigenen Heimat gegenüber die Erklärung der Befreiung abgeben zu können. Er habe damit bis zu dem Augenblickwarten müssen, in dem auf Grund der durch die Waffen geschaffenen Tatsache die Erklärung erfolgen konnte, dass der Anschluss vollzogen sei.

In dem Augenblick, in dem Deutschlands Tankdivisionen und Luftgeschwader südlich des Kaukasus erschienen, könne auch der vom Grossmufti erwartete öffentliche Appell an die arabische Welt erfolgen.

Der Grossmufti erwiderte, dass sich seiner Ansicht nach alles so verwirklichen werde, wie es der Führer angedeutet habe. Er sei absolut beruhigt und zufrieden gestellt durch die Worte, die er vom deutschen Staatsoberhaupt vernommen hatte. Er frage jedoch, ob es nicht möglich sei, wenigstens insgeheim eine Abmachung mit Deutschland zu treffen, so wie er sie dem Führer vorher skizziert habe.

Der Führer antwortete, dass er ja bereits soeben diese vertrauliche Erklärung dem Grossmufti gegenüber abgegeben habe.

Der Grossmufti bedankte sich dafür und bemerkte abschliessend, dass er voller Vertrauen mit nochmaligem Dank für die Interessenahme an der arabischen Sache vom Führer, scheide.

SCHMIDT

pp. 245-248

Oppenheim Memorandum:

Dokument 2:

Denkschrift zur Revolutionierung des Vorderen Orients Mitte 1940.

Als Leiter des Nachrichtenwesens für den Orient im Auswärtigen Amt, später bei der Botschaft in Konstantinopel während des Weltkrieges, erlaube ich mir, in dem Augenblick, wo der Krieg gegen England in seine entscheidende Phase eintritt, das Folgende vorzutragen:

Es ist jetzt für uns der Moment gekommen, energisch im Vorderen Orient gegen England zu arbeiten. Zwei Aufgaben sind dringlich:

1)  Berlin mit direkten, zuverlässigen Nachrichten aus dem Vorderen Orient zu versorgen.

2)  Die Revolutionierung, zunächst Syriens gegen die englischen Besetzungs-Pläne, dann der angrenzenden arabischen Gebiete, des Irak, Transjordaniens, Palästinas und Saudi-Arabiens. Das Ziel wäre, britische Streitkräfte zu binden, die Ölausfuhr und damit die Versorgung der britischen Kriegs- und Handelsflotte zu verhindern, den Verkehr durch den Sueskanal für die Engländer lahm zulegen und letzlich die britische Vorherrschaft im Vorderen Orient zu vernichten.

Zur Durchführung dieser Aufgabe sollte so rasch wie möglich der frühere Gesandte in Bagdad, Dr. Grobba, nach Syrien entsandt werden. Syrien ist das einzige Land, von dem aus der Kampf gegen England zur Zeit geführt werden kann. Dr. Grobba müsste seinen Sitz in Damaskus haben. Für die laufenden Geschäfte, so die Angelegenheiten der Reichsdeutschen in Syrien usw., könnte ein konsularischer Beamter, vielleicht mit Sitz in Beirut, unter ihm arbeiten. Dr. Grobba dagegen würde seine ganze Kraft der Revolutionierung des Vorderen Orients gegen England zu widmen haben. Dr. Grobba ist dort als der gefährlichste Gegner Englands bekannt; sein Name würde wie ein Programm wirken, sein Erscheinen und seine Arbeit in Damaskus wie ein Aufruf zum Kampf, nicht nur für Syrien, sondern für alle arabischen Länder. Diese warten zum Teil–insbesondere der Irak–nur auf einen Wink Deutschlands, um gegen England vorzugehen. Dr. Grobba ist noch bei Ibn Saud als Gesandter akkreditiert, er ist mit dem Mufti von Jerusalem, der sich jetzt in Bagdad befindet, befreundet. Selbstredend müsste er geeignete Helfer und die entsprechenden Geld–und sonstigen Mittel, Rundfunk–und Sendegeräte etc. zur Hand haben. Auch müsste ihm die Mitverfügung über die Waffen der zu demobilisierenden französischen Armee eingeräumt werden; diese Waffen solIten den Arabern zum Kampf gegen England überlassen werden. Nicht nur für diesen Punkt, sondern auch für seine anderen Aufgaben muss natürlich vorher eine Verständigung mit Italien erzielt werden.

In Syrien ist der bisherige französische Oberkommissar Botschafter Puaux, der seit seinem vergeblichen Kampf in Wien gegen den Nationalsozialismus unser grosser Feind ist, zu entfernen und das jetzige franzosenfreundliche syrische Direktorium durch eine uns genehme syrische Regierung zu ersetzen.

Im Irak ist der pro-englische Aussenminister Nuri as-Sa’id, eventuell gewaltsam, zu beseitigen. Die irakische Armee hätte den englischen Flughafen von al-Habbaniya zu zerstören und mit Hilfe der Stämme den Kampf mit den britischen Truppen aufzunehmen, die Ölleitung nach Haifa zu sperren und die Engländer aus dem ganzen Irak, insbesondere aus Basra, hinauszuwerfen.

In Transjordanien ist der Emir Abdallah, der sich vollkommen den Engländern verschrieben hat, zu entfernen.

In Palästina ist der Kampf gegen die Engländer und Juden mit voller Kraft wieder aufzunehmen. Hierzu müsste Ibn Saud die Hand bieten. Er wird dies aber nur tun, wenn man ihm al-Aqaba und Ma’an, Orte im südlichen Transjordanien, auf die er einen wohlbegründeten Anspruch hat, zusagt. Möglicherweise wird er darüber hinaus ganz Transjordanien verlangen. In Palästina sollte eine Regierung unter dem Mufti eingerichtet werden. In Jerusalem könnte eine Ausnahmeregie eingeführt werden, in dem Vertreter der verschiedenen Konfessionen (Katholiken, Protestanten, Orthodoxen) und der Juden unter dem Mufti mitzuwirken hätten. Von den Juden solIten in Palästina nur diejenigen, die vor dem Weltkrieg dort waren, belassen werden.

Was Syrien angeht, so ist die Entscheidung über seine Zukunft nicht leicht. Der Irak wünscht die Einverleibung dieses Landes, die muslimischen Syrier und auch ein Teil der christlichen, nämlich die Griechisch-Orthodoxen, würde es zweifellos begrüssen, wenn ihre Heimat mit dem Irak vereinigt werden würde. Dagegen wird Ibn Saud diese Vereinigung mit allen Mitteln zu hintertreiben suchen, weil er ein persönlicher Gegner der im Irak herrschenden Dynastie (der früheren Grossscherifen von Mekka) ist, und weil er die Entstehung eines grösseren Reiches an seiner Nordgrenze fürchten würde. Der einfachste Ausweg wäre es, einen der Söhne Ibn Sauds auf den zu errichtenden syrischen Thron zu setzen (eine direkte Einverleibung Syriens in Saudi-Arabien kommt schon aus religiösen Gründen nicht in Betracht, weil das in Saudi-Arabien herrschende fanatische Wahhabitentum in Syrien unannehmbar wäre). Der saudische Prinz müsste auf die Einführung seiner Glaubenslehre in Syrien verzichten. Der Libanon wäre wieder wie vor dem Weltkrieg als ein Bezirk mit eigener Verwaltung innerhalb des syrischen Staates zu konstituieren. Selbstverständlich müssten die Gebiete, die von den Franzosen dem Libanon zugeschlagen worden sind, Tripolis, Saida, Sur, die Bekaa mit Baalbek und der Hermon von dem neuen Verwaltungsbezirk wieder abgetrennt werden.

Nach dem Friedensschluss, nach siegreich beendigtem Kampf gegen England, wäre ein Staatenbund der genannten arabischen Länder von Vorderasien zu schaffen, in dem auch Jemen und die kleineren Staaten der arabischen Halbinsel wie Oman, Bahrein, Kuweit usw. vertreten sein müssten.

Ägypten ist bisher ausserhalb der vorliegenden Betrachtung geblieben. Es sei diesbezüglich nur kurz erwähnt, dass die Einbeziehung Ägyptens in den genannten Staatenbund sicherlich von grosser Bedeutung wäre. Im Augenblick würde ich eine möglichst gute Behandlung der noch in Deutschland befindlichen Ägypter für nützlich halten, die man die Unfreundlichkeiten nicht entgelten lassen sollte, welche die ägyptische Regierung unter englischem Druck den in Ägypten lebenden Deutschen zugefügt hat. Wir machen in unserer Presse auf alle Anzeichen des Gegensatzes zwischen der ägyptischen Regierung, dem ägyptischen Volk und seiner Armee und den Engländern aufmerksam und lassen dadurch erkennen, dass wir die Ägypter als heimlichen Bundesgenossen ansehen. Auf der anderen Seite dürfen wir jedoch nicht die in Deutschland befindlichen Ägypter als feindliche Ausländer behandeln.

Zum Schluss möchte ich darauf hinweisen, dass eine besondere, freundliche Behandlung der gefangenen Marokkaner, Algerier und Tunesier gute Früchte tragen würde. Während des Weltkrieges waren alle muslimischen Kriegesgefangenen, auch alle indischen, in einem eigenen Lager bei Wünsdorf in der Nähe von Berlin untergebracht. Man hatte ihnen dort eine Moschee errichtet, Gefangenenzeitungen wurden in den einschlägigen Sprachen für sie hergestellt usw.

Die Hauptsache ist, dass der Gesandte Dr. Grobba möglichst rasch nach dem Vorderen Orient geht. Es wäre wohl gut, wenn er vor seiner Ausreise mit dem Emir Shakib Arslan in Genf Fühlung nähme, um mit ihm die Fragen der staatlichen Neuordnung im arabischen Raum, insbesondere in Syrien, zu besprechen. Shakib Arslan, der durchaus und wie ich genau weiss, seit Jahrzehnten auf deutschem Boden steht, verfügt über eine ungeheure Personen- und Sachkenntnis und seine Ratschläge würden daher, wenn wir uns mit diesen Problemen ernsthaft beschäftigen, sehr nützlich sein.

Solange die Entsendung des Gesandten Grobba nach Syrien undurchführbar ist, weil Deutschland noch die französische Stellung in Syrien anerkennt, möchte die Einleitung der geplanten Aktionen von Ankara aus vorgenommen werden, vielleicht durch Vermittlung der dortigen irakischen Gesandtschaft. Sollten diese Verhandlungen dann das Resultat haben, dass der Irak sich auf unsere Seite stellt, so müsste eine neue syrische Nationalregierung ausgerufen und provisorisch irgendwo an der syrisch-irakischen Grenze eingerichtet werden. Diese Regierung müsste dann sofort von Deutschland und Italien anerkannt werden. Die Tatsache der Anerkennung müssten wir dann der französischen Regierung mitteilen, indem wir sie zugleich davon verständigen, dass der Gesandte Grobba zur Wahrung der deutschen Interessen in Syrien und als Beobachter unserer Regierung nach Damaskus geschickt wird.

Ich verkenne keineswegs die Schwierigkeiten der arabischen Aufständischen, der noch intakten englischen Armee im Irak und in Palästina entgegenzutreten. Die Widerstandskraft der englischen Truppen wird aber bei weiteren deutschen Erfolgen gegen England erheblich abnehmen, zumal es sich zum grossen Teil um Kolonialtruppen handelt.

Ferner würden schon durch den Aufstand die Engländer in ihrer Position in Ägypten und in Indien geschwächt werden. Das Erdöl würde jedenfalls für die Engländer in Haifa gesperrt werden, und was besonders wichtig ist, die Besetzung Syriens durch die Engländer würde verhindert und die Verbindung zwischen den Engländern im Irak und den Türken würde unter-brochen werden.

Das nächste Ziel der etwa mit irakischen Vertretern zu führenden Verhandlungen müsste sein, zu erreichen, dass der Irak den Wunsch nach Wiederaufnahme der Beziehungen mit Deutschland äussert. Durch Eingehen auf diesen Wunsch würde die Rückkehr des Gesandten Dr. Grobba nach dem Irak ermöglicht werden. Von dort aus könnte er mit syrischen Nationalisten in Verbindung treten, um nach Aufruf einer syrischen unabhängigen Regierung nach Damaskus überzusiedeln.

(From Wolfgang G. Schwanitz, “Max von Oppenheim und der ‘Heilige Krieg’,” Sozial.Geschichte, 3 [2004], pp. 55–59)

pp. 265266

De Gaulle: “L’infiltration allemande dans l’Empire continue. En Syrie une mission allemande dirigée par von Hentig et Roser est arrivée Damas 26 janvier et a visité Alep via Homs. Ostensiblement cette mission est économique mais son but est l’espionnage, la propaganda anti-britannique et le contact avec les nationalistes. Ils ont rencontré les leaders nationalistes les plus hostiles à la France ainsi que tous les Syriens germanophiles. En particulier Sadi Kailani.”

“Von Hentig était en 1916 le principal collaborateur de von Niedermayer chargé de provoquer l’entrée en guerre de l’Afghanistan aux côtés de l’Allemagne.” [He had been] “nommé par le gouvernement nazi directeur de la section d’Asie à la Wilhelmstrasse. Sa présence en Syrie autorisée par Vichy met en relief visées allemandes non seulement sur Syrie mais également sur pays situés entre Syrie et Indes.”

pp. 266-267

Les Allemands en Syrie sous le gouvernement de Vichy: “M. von Hentig commença de travailler l’opinion, en s’adressant de préférence aux milieux hostiles à la France. Sa propagande prit d’abord une forme insidieuse. Dans une réunion à l’hôtel Métropole, à laquelle il invita, le 25 janvier, les principaux chefs politiques et religieux, il les séduisit par une grande affabilité et affecta de glisser—par courtoisie—sur les problèmes épineux que posait forcément l’administration française. Mais cette discrétion fut de courte durée. Bientôt, dans la même maison, on projetait entre autres le film “Sieg im Westen” (Victoire à l’Ouest), où la défaite de la France était rendue sensible sous les formes les plus frappantes. En même temps, M. von Hentig demandait aux Musulmans leurs vues sur la constitution d’un empire arabe, il envisageait la réunion d’un congrès de l’Islam à Damas, il incitait à la formation de groupements de jeunesse sur le modèle allemand, il encourageait les extrémistes contre les Anglais et leur conseillait de s’entendre avec le mouvement irakien des Fatoui. Le tout à la barbe des représentants de Vichy. Puis la propagande clandestine de la maison transmettait les mots d’ordre, qui n’allaient pas tarder à réapparaître dans le pays sous forme de revendications, de cris et d’émeutes. […] Bientôt la supériorité du Français est mise en question, et son droit à rester titulaire d’un mandat. Enfin le parallèle s’établissait avec la race élue, la race allemande, seule digne de régner. Et la populace d’Alep, de Hama, de Damas se mettait à chanter:

Bala Missiou, bala Mister,

Kelloh barra, haïdé sikter,

Bissama Allah, oua alard Hitler.

      (“Plus de Monsieur, plus de Mister: tous dehors, fichez le camp. Au ciel Allah, sur terre Hitler!”)

“Toute cette activité fut encore multipliée par un voyage que MM. von Hentig et Roser firent à travers la Syrie pour présenter leurs films et pour prêcher ouvertement l’avènement de l’ère allemande. A Damas, à Tripoli, à Lattaquieh, à Alep, et jusqu’au-delà de l’Euphrate, ils entreprirent, avec un apparat officiel, toute une tournée de visites aux notables, aux chefs religieux, aux écoles. […] Partout enfin, où les gens croyaient avoir à se plaindre, on leur expliquait qu’il n’était plus utile de tenir compte des Français, qui n’avaient plus que l’ombre de l’autorité: qu’un avenir tout autre se préparait; et que c’était avec ceux qui tenaient cet avenir dans leurs mains qu’il fallait s’entendre. Aussi un tailleur du souk el-hodja, à Damas, se mit-il, au mois de mars, à confectionner des drapeaux à croix gammée pour quelques particuliers qui s’attendaient à en faire un prochain usage.”

p. 288

Verband nationaldeutscher Juden: “Der Verband nationaldeutscher Juden bezweckt den Zusammenschluss aller derjenigen Deutschen jüdischen Stammes, die bei offenem Bekennen ihrer Abstammung sich mit deutschem Wesen und deutscher Kultur so unauflöslich verwachsen fühlen, dass sie nicht anders als deutsch empfinden und denken können. Er bekämpft alle Äusserungen und Betätigungen undeutschen Geistes, mögen sie von Juden oder Nichtjuden ausgehen, die das Wiedererstarken deutscher Volkskraft, deutscher Rechtlichkeit und deutschen Selbstgefühls beeinträchtigen und damit den Wiederaufstieg Deutschlands zu einer geachteten Stellung in der Welt gefährden.”

p. 291

Reichsbund jüdischer Frontsoldaten: “Wir haben es schon öfter ausgedrückt, dass die nazionalsozialistische Weltanschauung schon in ihren Anfangsgründen viele Juden angezogen haben würde, ähnlich wie der Faschismus in Italien, wenn sie nicht, darin unähnlich ihrem italienischen Bruder, den Kampf gegen die Juden in eigenem Lande zum Programm erhoben hätte. Wir stellen heute die Frage, wie lange die führenden und klardenkenden nationalsozialistischen Männer der heutigen Regierung diesen Programmpunkt aufrecht zu erhalten gedenken.”

p. 294

Schoeps: “Man mag zu Adolf Hitler stehen, wie man will, seine politische Leistung wird man nicht schmälern können, dass eben er es fertig gebracht hat, die Menschen aus ihrer privaten Isolierung herauszureissen und die Massen […] über seine Person wieder an die Nation zu binden.”

p. 294, ch. 16, note 5

Schoeps: “Galt der Staat im liberalen Zeitalter einerseits als Funktionär der Gesellschaft und andererseits der Kultur, so sind heute in den entpolitisierten Bildungs- und Gesellschaftsraum Kräfte eingebrochen, deren Positiva sehr problematisch sein mögen, die aber den liberalen Ideologien gegenüber einig sind, dass der Sinn des Staates auf jeden Fall nicht der ist, Konsumentenansprüche zu garantieren.” [The liberal credo]“dass nur durch Besitz und Bildung wirkliche politische Verantwortung erwachsen könne, dass politische Bindung und Verantwortung aus Bildungs- and Besitzgütern erwachse, ist mit dem Bankrott des liberalen Gesellschaftsdenkens einfach erledigt worden. Die heutige Situation hat eine neue Wirklichkeit erschlossen, dass nämlich das ‘bündische’ Prinzip als der konträre Gegensatz zum sozialistischen Kollektiv allmählich politisch wird.”

p. 299

Pevsner: “Ihr [der Architektur] haben die darstellenden Künste gedient, solange es einen echten Stil gegeben hat. […] Bis zum Ende der deutschen Barok, d.h. bis zur bürgerlichen Revolution, ist das Gesamtkunstwerk Wirklichkeit gewesen, das Wagner nachher mitten aus dem Liberalismus heraus so sehnsüchtig suchen musste. Denn in seiner Zeit, und noch krasser in der folgenden ‘wilhelminischen’ hat ja—ein Symptom lebensgefährlicher Erkrankung—die Malerei alle grössten Begabungen der bildenden Kunst an sich gezogen.”

p. 311

Pevsner: “Um die Kunst des endenden 19. Jhdts. in ihrer ganzen Entartung zu erkennen, muss man vom Soziologischen und nicht vom Ästhetischen her an sie herantreten. Was der Maler malte, entstand zu seinem persönlichen Spasse und nicht in Hinblick auf das Publikum, d.h. eine Gesamtheit, der er hätte dienen wollen, da er sich als ihren Teil empfand. Die Bilder wurden in der Natur und im Atelier konzipiert und fertiggestellt. Dann kamen sie zu Hunderten in Kunstausstellungen, die von vorn herein nur von ganz wenigen besucht wurden. So kam das Volk mit den künstlerischen Hervorbringungen nur in Berührung, wenn sie in den Besitz öffentlicher Sammlungen übergingen. Da begegnete ihnen dann das begreiflich Entsetzen aller derer, die so anders sahen und so anderes auf den Bildern sehen wollten, als die Künstler in ihrem abgeschlossenem Zirkel geschaffen hatten.”

p. 301

Pevsner: “Wer sich froh als Teil einer grossen Gemeinschaft fühlt, in der er bereit ist aufzugehen, der muss den Glauben an den englischen Liberalismus und Individualismus von dem Hause jedes Einzelnen, das sein ‘castle’ sei, herzhaft ablehnen. Für ihn ist der Uniform ein Ehrenkleid.”

p. 311

Pevsner: “Die ganze grosse Kunst des Mittelalters hat gedient, die katholische Kunst der Barokzeit, die französische Kunst der Klassik hat gedient. Dienen wollten die deutschen Nazarener, als sie sich um 1810 leidenschaftlich gegen die lockere ‘liberale’ Malerei des Rokoko wandten. Erst im 19. Jahrhundert haben dann in der bildenden Kunst Bildnis, Landschaft und Stilleben dei zentrale Stellung innegehabt. Der neue Geist wird wohl eine neue ‘Historienmalerei’ emportragen. Mag das zunächst eine Einbusse an ästhetischen Werten bedeuten, eine Wiederaufnahme der gesunden Verbindung von Kunstproduzenten und–Konsumenten wird es auf jeden Fall sein. Und diese Rückbesinnung musste jetzt kommen. Goebbels knüpft mit dem, was er lehrt, nicht nur an vergangene Jahrhunderte an, sondern auch an die lebendigsten Kräfte in der Kunst der letzten Jahrzehnte. Denn schon der Opposition gegen den Impressionismus um 1890 und dann wieder seit 1905/10 ging es um eine Neubewertung des Inhalts, der Thesen im Kunstwerk. Aus dem Gebiete der bildenden Kunst genügt es an van Goghs Sehnsucht nach einer neuen religiösen Kunst, an Klinger und Hodler, an Munch und Enssor zu erinnern. Und bedeutet denn die zu Unrecht sogenannte Neue Sachlichkeit mit der Tendenzdichtung, dem Reportageroman, dem politischen Film, die musikalische Jugendbewegung, die evangelisch-liturgische Musikbewegung, dis sozialkritische Malerei etwas anderes als den verschiedenartigen Ausdruck einer gemeinsamen Sehnsucht nach der Einheit mit den treibenden Kräften der Zeit und dem Kampfe für sie?”

p. 312

Pevsner: “In vollem politischen Gegensatz zu Frankreich steht im 17. Jahrhundert die Bürgerrepublik Holland. Dementsprechend is auch das Verhältnis der Kunst zum Staate ein gänzlich anderes. Als Auftraggeber kamen der Hof und die städtischen Behörden nur in beschränktem Masse in Betracht. Eine in ihrer Struktur und in ihrem Geschmack wenig einheitliche Menge von Bürgern bildete die Schicht der Käufer. Ein Gewimmel verschiedenartiger Individualitäten ist auch die holländische Künstlerschaft. Ein jeder malte, was ihn reizte. Sicherheit über die Uebereinstimmung der so in der Werkstatt geschaffenen Bilder mit dem Bedarf liess sich kaum erwerben. So gibt es im Holland jener Zeit zum ersten Male ein Künstler-Proletariat, aber auch zum ersten Male das von der Mitwelt nicht vestandene Genie. Rembrandt schuf, was seine innere Stimme ihm vorschrieb. An ein Publikum wenden sich seine reifen und seine späten Werke nicht. Denn er zeigt sich nicht bereit, auf deren Wünsche Rücksicht zu nehmen. Der natürliche Ausgleich zwischen Kunst und Oeffentlichkeit, so selbstverständlich, als die Meisterwerke der mittelalterlichen Malerei und Plastik entstanden, ist zerstört.

“Holland nimmt mit dieser Entwurzelung des Künstler einen Zustand vorweg, der für das ganze Abendland erst mit dem 19. Jahrhundert verbindlich wurde. […] So ist die heilige Autonomie der Kunst begründet, ihre Ueberlegenheit über Staat und Gesellschaft proklamiert.”

p. 313

Pevsner: “Dann aber, seit den dreissiger Jahren war der Siegeszug der Demokratie und des Individualismus (der ja seinerseits auch auf die Romantik zurückführt) unaufhaltsam geworden. Der Impressionismus des letzten Jahrhundertdrittels ist seine Ausgeburt. Nun war die Kunst nicht mehr höchstes Ideal, weil sie die Erziehung des Menschengeschlechts zur Aufgabe hatte [as in Schiller’s Letters on the Aesthetic Education of Humanity], sondern einzig um ihrer selbst willen. Gautier, Verlaine, Wilde lehren dieses Evangelium. Was die Malerei betrifft, so wurde es nun ihr alleiniger Sinn, diejenigen Eindrücke wiederzugeben, welche der einzelne Künstler in einem bestimmten Augenblick vor der Natur empfing—extremer Individualismus also und extremer Relativismus.

“Eine solche Kunst konnte dem Staat nichts angehen, konnte überhaupt keine grosse Idee etwas angehen. ‘Die Maler mit den grossartigen Ideen sind dumme, schlechte Maler,’ so hat sich Max Liebermann nicht geschämt es auszudrücken. Umgekehrt hätte natürlich auch ein starker und seiner selbst bewusste Staat nichts mit dieser Art Kunstübung anfangen können.”

p. 314

Pevsner: “Voll Verachtung sah der Impressionist auf den Historienmaler hinab und sagte: Deutsche Geschichte, aber schlechte Bilder—also wertlos. Und Jahrzehnte lang hätte der bei Allen an der Kunst Teilnehmenen für einen Narren gegolten, der es gewagt hätte, gemäss der selbstverständlichen Ueberzeugung des Mittelalters zu sagen: Ein gutes Bild, aber nur Spargel—also wertlos.”

pp. 314-315

Pevsner: Die neuen Männer im deutschen Reiche verlangen eine politische Kunst, so wie sie eine politische Wissenschaft verlangen. Das wurde von autoritativer Seite zum ersten Male am 11. April vorigen Jahres von Dr. Goebbels in seiner Antwort an Furtwängler ausgsprochen. Damit ist nicht dekretiert, dass es künftig nur noch Tendenzkunst geben solle, obwohl in der Tat z.B. die zweckfreien Gattungen der Malerei—also Landschaft, Stilleben, Sittenbild—erst Schöpfungen der Renaissance und des Barok gewesen sind. Vielmehr wird man sich die Entwicklung so vorzustellen haben, dass nach der Alleinherrschaft der zweckfreien Malerei im Impressionismus nun das Schwergewicht mit aller Entschiedenheit wieder auf die zweckgebundene, also die ‘Historien’-Malerei gelegt werden wird. […] Diese ‘militante’ Kunst wird also gewiss die teilnahmsvollste Förderung beim Staate finden. Und wenn er hier fördert, was ihm dient, wird er imstande sein, einen echten, alle Kunstäusserungen umfassenden Stil zu formen, so wie ihn das Mittelalter und das Frankreich Ludwig XIV besessen hat.”

p. 317, ch. 16, note 47

Edith Landmann: “Wie immer auch im Innersten des Dichters angelegt, dennoch war vielleicht von aussen her die Stunde für das Neue Reich erst jetzt gekommen. Dieser von der Welt so streng sich sondernde Geist besass von je das feinste Ohr für die Weltstunde, in der er stand, für die Förderungen und Möglichkeiten des Tages. Erst als der Krieg die letzten Reste des alten weggefegt war reiner Boden da für neuen Anfang.”

p. 319

Kantorowicz: “Obwohl ich als Kriegsfreiwilliger vom August 1914, als Frontsoldat während der Dauer des Krieges, als Nachkriegskämpfer gegen Polen, Spartakus und Räterepublik in Posen, Berlin und München eine Dienstentlassung wegen meiner jüdischen Abstammung nicht zu gewärtigen habe; obwohl ich auf Grund meiner Veröffentlichungen über den Stauferkaiser Friedrich den Zweiten für meine Gesinnung gegenüber einem wieder national gerichteten Deutschland keines Ausweises von vorgestern, gestern oder heute bedarf; obwohl meiner jenseits aller Zeitströmungen und Tagesereignisse begründete, grundsätzlich positive Einstellung gegenüber einem national regierten Reich auch durch die jüngste Geschehnisse nicht hat ins Wanken kommen können, […] so sehe ich mich als Jude noch gezwungen aus dem Geschehenen die Folgerungen zu ziehen und im kommenden Sommersemester meine Lehrtätigkeit ruhen zu lassen. Denn solange jeder deutsche Jude—wie in der gegenwärtigen Zeit der Umwalzung—schon durch seine Herkunft für einen ‘Landesverräter’ gelten kann; solange jeder Jude als solcher rassenmässig für minderwertig erachtet wird; solange die Tatsache, überhaupt jüdisches Blut in den Adern zu haben, zugleich einen Gesinnungsdefekt involviert; solange jeder deutsche Jude sich einer täglichen Antastung seiner Ehre ausgesetzt sieht ohne die Möglichkeit, persönliche oder gerichtliche Genugtuung zu erzwingen, solange ihm als Studenten das akademische Bürgerrecht versagt, der Gebrauch der deutschen Sprache nur als ‘Fremdsprache’ gestattet wird; […] und solange jeder Jude, gerade wenn er ein nationales Deutschland voll bejaht, unfehlbar in den Verdacht gerät, durch das Bekunden seiner Gesinnung nur aus Furcht zu handeln oder bloss seinen persönlichen Vorteil zu suchen, nach Pfründen jagen und seine wirtschaftliche Existenz sichern zu wollen; solange daher jeder deutsche und wahrhaft national gesinnte Jude, um einen derartigen Verdacht zu entgehen, seine nationale Gesinnung eher schamhaft verbergen muss, als dass er sie unbefangen kundtun dürfte: solange erscheint es mir als unvereinbar mit der Würde eines Hochschullehrers, sein nur auf innerer Wahrheit begründetes Amt verantwortlich zu versehen, und solange auch als eine Verletzung des Schamgefühls der Studenten, seine Lehrtätigkeit, als wäre nichts geschehen, stillschweigend wieder aufzunehmen.”

p. 320

Kantorowicz: “… ist gleich einem Jüngsten Gericht und Aufstand der Toten stets unmittelbar nahe, ja gegenwärtig. […] Es ist die geheime Gemeinschaft der Dichter und Weisen, der Helden und Heligen, der Opfrer und Opfer, welche Deutschland hervorgebracht hat und die Deutschland sich dargebracht haben … Es ist als Gemeinschaft ein Götterreich wie der Olymp, ist ein Geisterreich wie der mittelalterliche Heiligen- und Engelsstaat, ist ein Menschenreich wie Dantes […] ‘Humana civilitas’ […ein Reich] ‘zugleich von dieser und nicht von dieser Welt…ein Reich zugleich da und nicht da.’”

p. 321, ch. 16, note 53

Riedel: “Die Rede bewahrte Georgesche Visionen eines gewesenen und künftigen Reiches ursprünglich europäischer Herkunft und Prägung. Aber sie war getragen von einem eschatologischen Glauben und gesprochen im Pathos prophetischer Überzeugung, das formal der pathetischen Rhetorik des politischen Gegners nicht allzufern stand.”

pp. 320-321

Kantorowicz: “Es ist ein Seelenreich, in welchem immerdar die gleichen deutschesten Kaiser eigensten Ranges und eigenster Artung herrschen und tronen, unter deren Zepter sich zwar noch niemals die ganze Nation aus innerster Inbrunst gebeugt hat, deren Herrentum aber dennoch immerwährend und ewig ist und in tiefster Verborgenheit gegen das jeweilige Aussen lebt und dadurch für das ewige Deutschland.”

“Mit Gewalt ist dieser Himmel niemals zu stürmen.”

p. 321

Kantorowicz: “‘Es möge Deutschland so werden, wie es sich der Meister erträumt hat!’ Und wenn das heutige Geschehen nicht bloss die Grimasse jenes Wunchbildes ist, sondern tatsächlich der wahre Weg zu dessen Erfüllung, so möge das alles zum Guten ausschlagen–und dann ist es gleichgültig, ob der einzelne auf diesem Weg mitschreiten kann–vielmehr: darf–oder statt zu jubeln beiseite tritt. ‘Imperium transcendat hominem,’ erklärte Friedrich II und ich wäre der letzte, der hier widerspräche.”

p. 323

Edith Landmann: “Ihr wisst, dass ich angesichts der Art von Juden, die sich nach und lange schon vor dem Kriege in Deutschland breitgemacht, Antisemit war genau wie Ihr, aus Liebe zum deutschen Volk. Glaubt Ihr im Ernst, es wäre mir noch eine Gemeinschaft mit dieser Art von Juden möglich, und gar mit der heutigen Jugend der Juden, die, nur noch mit Zionismus und Kommunismus aufgewachsen, von deutschem Geiste ebensowenig ahnt wie die Deutschen selbst?”

“[…] weil so viele Gedanken des Dritten Reichs, in welcher Verzerrung immer sie verwirklicht werden, die Gedanken längst auch unseres Herzens waren. […] Und wer einmal von dieser Erschütterung des ganzen liberalen Gefüges der Welt, von dieser rasenden, entschlossenen Abkehr vom 19. Jahrhundert, von diesem Taumel barbarischer Absolutheit mit ergriffen ist, wer aus gleicher Gegnerschaft, aus sonst irgend einem Grunde, in welchem inneren Abstande auch immer, dem grossen deutschen Aufbruch nicht glaubt fernbleiben zu dürfen, der wird die Notwendigkeit einer Judenpolitik nicht leugnen können.”

p. 323

Edith Landmann: “Das jüdische Blut können wir bei allem deutschen Geist nicht aus uns heraus tun. Sollen wir nun etwa den deutschen Geist aus uns herausreissen, uns zurückverwandeln in alt fromme oder moderne nationale oder auch internationale Juden? Lieber bringen wir uns um.”

Footnote

*    Das von dem Häuptling Kipanga von Handei gekaufte, mehrere Quadratmeilen grosse Urwaldgebiet wurde von mir der zuletzt von dem früheren Bezirksamtmann von Tanga, Freiherrn von St. Paul Hillaire, geleiteten “Rheinischen Handel-Plantagen-Gesellschaft” überwiesen, die hier mit grossem Erfolg zunächst Kaffee und dann, als der Kaffeewurm auftrat, Sisal baute, bis durch den Weltkrieg auch diese in bester Entwicklung befindliche Plantage für Deutschland verloren ging.”